In einem jahrelangen Streit zwischen einem Darlehensnehmer und seiner Bank um die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt gegen die Bank entschieden. Autorin Caro hat sich den Streit und das Urteil einmal angesehen.
Dem Urteil war ein Streit zwischen einer großen deutschen Bank und seinem Darlehensnehmer vorausgegangen. Der Kreditnehmer hatte im Jahr 2016 zwei Immobilienkredite in Höhe von zusammen knapp 300.000 Euro aufgenommen. Zwei Jahre später kündigte er diese wegen Trennung, Arbeitsunfähigkeit und anschließendem Verkauf der Immobilie. Dafür forderte die Bank eine Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 21.544 Euro und „Kosten für zusätzlichen Aufwand der vorzeitigen Rückzahlung“ in Höhe von jeweils 74,77 Euro.
Der Darlehensnehmer zahlte die Vorfälligkeitsentschädigung im Oktober 2018, jedoch unter Vorbehalt einer Rückforderung, wie es im Urteilsschreiben heißt. Diese Rückforderung veranlasste der Kreditnehmer Ende November 2018 – die Bank lehnte ab. Daraufhin klagte der Kreditnehmer gegen die Erhebung der Entschädigung.
Wie lautet das Urteil?
Die Richter des Oberlandesgerichts entschieden nun gegen die Bank. Zuvor wurde die Klage von der gerichtlichen Vorinstanz abgewiesen. Das Urteil fiel bereits Anfang Juli dieses Jahres und besagt, dass die Angaben über die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung im Kreditvertrag unzureichend seien. Sie müssen, so die Richter, „klar, prägnant, verständlich und genau“ sein, sodass ein normal informierter und aufmerksamer Verbraucher sie auch verstehe. Somit hätte die streitgegenständige Vertragsklausel keinen Bestand und das Erheben der Vorfälligkeitsentschädigung hätte keiner Rechtsgrundlage unterlegen.
Das Oberlandesgericht Frankfurt verurteilte die Bank zur Rückzahlung der 21.544 Euro Vorfälligkeitsentschädigung zuzüglich Zinsen seit Dezember 2018 (AZ: 17 U 810/19). Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Bank hat daraufhin eine Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des Oberlandesgerichts beim Bundesgerichtshof eingelegt. Somit ist dieser Rechtsstreit noch längst nicht ad acta gelegt. Verbraucherschützer begrüßen das Frankfurter Urteil und bewerten es als Stärkung der Rechte von Kreditnehmern.
Auswirkungen des Urteils: Wird nun die Vorfälligkeitsentschädigung gekippt?
Schätzungen zufolge sind die Klauseln zur Vorfälligkeitsentschädigung zigtausender Immobilienkreditverträge unzulässig. Im Jahr 2016 wurde die Gesetzgebung dahingehend geändert, dass Verbraucherkreditverträge klar und verständlich sein sollten. Diese Regelung wurde aber scheinbar nicht von allen Banken zufriedenstellend umgesetzt, sodass unter Umständen bereits gezahlte Entschädigungen unrechtmäßig erhoben wurden.
Das Urteil hat keine Auswirkung auf die Rechtswirksamkeit von Immobilienkreditverträgen im Allgemeinen und hat nichts mit dem so genannten Widerrufsjoker zu tun. Eine komplette Abschaffung der Vorfälligkeitsentschädigung steht darüber hinaus ebenfalls nicht im Raum. Es gäbe keinen Zweifel daran, dass Banken für die vorzeitige Kündigung von Baufinanzierungen eine Entschädigung für die entgangenen Zinseinnahmen verlangen dürften. Die entsprechende Vertragsklausel dazu muss aber verständlich aufzeigen, wie sich die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung errechnet.
In welchen Fällen kann ich einen Hauskredit vor Ablauf der Zinsbindung kündigen?
Eine Vorfälligkeitsentschädigung wird immer dann fällig, wenn ein Kredit vor Ablauf der vertraglich vereinbarten Sollzinsbindung vom Darlehensnehmer gekündigt wird. Eine solche Kündigung ist bei Baufinanzierungen nicht ohne weiteres möglich. Im Prinzip gibt es zwei Möglichkeiten, euren Hauskredit vor Ablauf der Zinsbindung mit einer Vorfälligkeitsentschädigung kündigen:
- Bei Verkauf der Immobilie, denn hier fehlt nach dem Verkauf die grundpfandrechtliche Sicherheit.
- Bei der Verweigerung einer Darlehenserhöhung durch die Bank, wenn ihr aus einem wichtigen Grund eine Krediterhöhung benötigt. Dazu zählt zum Beispiel die Umbaumaßnahmen im Haus, wenn plötzlich eine pflegebedürftige Person im Haushalt lebt.
Keine Vorfälligkeitsentschädigung wird fällig, wenn die Bank den Kreditvertrag kündigt oder er einvernehmlich gekündigt wird, ihr ein variables Darlehen abgeschlossen habt oder ihr vom Sonderkündigungsrecht nach § 489 BGB Gebrauch macht. Mehr zum Sonderkündigungsrecht erfahrt ihr in unserem Blogbeitrag „Kündigung eines Immobiliendarlehens nach 10 Jahren: Muster und Anleitung“.
Zinsen sparen durch die Umschulung einer Baufinanzierung?

hat zuletzt Möbel aufgemöbelt / konnte ihr Baufinanzierungs-Wissen noch nicht in der Praxis nutzen, hat es aber vor / ist seit 2018 Redakteurin bei Dr. Klein / hat Publizistik und Filmwissenschaft studiert / hat eine Vorliebe für Wortwitz / ihre Lieblingsmusik, Lieblingsklamotten, Lieblingsautos und ihr Mann sind aus den 70er-Jahren