Nießbrauch: Lebenslanges Wohnrecht trotz Hausverkauf
- Nießbrauch ist das Recht, eine Immobilie zu gebrauchen und daraus Nutzen zu ziehen, ohne Eigentümer zu sein.
- Die Immobilie kann weiter selbst bewohnt oder aber auch vermietet werden.
- Nießbrauch erfordert die Eintragung ins Grundbuch und ist nicht veräußerbar oder vererbbar.
- Es gibt verschiedene Formen von Nießbrauch, wie beispielweise Vorbehaltsnießbrauch oder Zuwendungsnießbrauch.
- Nießbrauch kann bei Schenkungen und Erbschaften Steuern sparen, da der Wert des Nießbrauchs vom Immobilienwert abgezogen wird.
- Was ist Nießbrauch?
- Was sind die Merkmale von Nießbrauch?
- Welche Arten von Nießbrauch gibt es?
- Unterschied Wohnrecht und Nießbrauch
- Rechte, Pflichten und Kosten
- Vor- und Nachteile von Nießbrauch
- Wie lange dauert ein Nießbrauch?
- Nießbrauch einrichten
- Wann und wie endet der Nießbrauch?
- Steuerliche Vorteile bei Nießbrauch
- Nießbrauchwert errechnen
- Einfluss auf die Baufinanzierung
- In welchen Fällen ist Nießbrauch sinnvoll?
Was ist Nießbrauch?
Nießbrauch bezeichnet das Wohn- und Nutzungsrecht einer Immobilie, auch wenn man selbst nicht mehr Eigentümer oder Miteigentümer dieser Immobilie ist. Konkret bedeutet das: Das Haus oder die Wohnung wird verkauft, es wird aber ein befristetes oder lebenslanges Wohnrecht und Nutzungsrecht für den oder die bisherigen Eigentümer vereinbart. Die Immobilie kann somit weiter selbst bewohnt oder vermietet oder anderweitig genutzt werden (§§1030 BGB).
Der Nießbrauch bezieht sich dabei entweder auf die ganze Immobilie oder nur auf Teile der Immobilie. Er ist nur gültig, wenn er von einem Notar ins Grundbuch eingetragen wurde. Genutzt wird ein Nießbrauch beispielsweise bei einer Schenkung oder einem Teilverkauf.
Ein Beispiel für einen Nießbrauch: Eltern übertragen ihren Kindern die Immobilie, behalten sich aber ein lebenslanges Wohnrecht oder die Vermietung der Immobilie vor.
Was sind die wesentlichen Merkmale von Nießbrauch?
Ein Nießbrauch zeichnet sich durch 3 wesentliche Merkmale aus:
- Nutzung von fremden Eigentum: Der Nießbraucher darf die Sache nutzen (zum Beispiel bewohnen) und wirtschaftlich verwerten (beispielsweise vermieten). Eine Zustimmung der Eigentümer:in zur Vermietung ist nicht erforderlich.
- Keine Eigentumsübertragung: Das Eigentum bleibt beim ursprünglichen Besitzer.
- Unveräußerlichkeit: Der Nießbrauch kann nicht verkauft oder vererbt werden.
Welche Arten von Nießbrauch gibt es?
Es gibt verschiedene Formen des Nießbrauchs, die je nach Zielsetzung eingesetzt werden können:
1. Vorbehaltsnießbrauch
Die Immobilie wird auf einen Dritten (zum Beispiel Kinder) übertragen, der ursprüngliche Eigentümer behält sich aber das Nutzungsrecht vor.
- Vorteile: Sicherung der eigenen Nutzung im Alter; steuerliche Vorteile bei Schenkungen
- Beispiel: Eltern schenken ihr Haus den Kindern, behalten sich aber das Recht vor, dort zu wohnen.
2. Zuwendungsnießbrauch
Das Nießbrauchrecht wird vom Eigentümer an einen Dritten verliehen. Es wechselt also nur der Nutzer der Immobilie, ein Eigentümerwechsel findet nicht statt. Der Zuwendungsnießbrauch wird hauptsächlich bei vermieteten Immobilien genutzt.
- Vorteile: Steuerliche Optimierung durch Übertragung des Nießbrauchs an eine dritte Person, deren persönlicher Steuersatz niedriger ist.
- Beispiel: Eltern übertragen ihrem Sohn den Nießbrauch an einer vermieteten Immobilie, sodass er die Mieteinnahmen erhält.
3. Quotennießbrauch
Das Nutzungsrecht an einer Immobilie wird auf mehrere Personen aufgeteilt.
- Vorteile: Gemeinschaftliche Nutzung; Kostenaufteilung, eventuell Mieteinnahmen
- Beispiel: Freunde teilen sich den Nießbrauch an einer Ferienwohnung.
4. Nachrangiger Nießbrauch
Das Nießbrauchrecht wird mit einer aufschiebenden Bedingung eingerichtet. Es wird erst aktiv, wenn das vorrangige Nießbrauchrecht endet.
- Vorteile: Die Nutzung der Immobilie kann für mehrere Personen nacheinander sichergestellt werden.
- Beispiel: Dem Ehemann wird ein vorrangiges Nießbrauchrecht eingeräumt, die Tochter hat ein nachrangiges Nießbrauchrecht. Nach dem Tod des Ehemannes tritt die Tochter in das Nutzungsrecht ein.
Was ist der Unterschied zwischen lebenslangem Wohnrecht und Nießbrauch?
Die Begriffe lebenslanges Wohnrecht und Nießbrauch werden häufig verwechselt. Gemeinsam haben beide jedoch nur die Eintragung ins Grundbuch sowie dass beide Rechte nicht vererbbar sind. Ein großer Unterschied liegt dagegen in den Berechtigungen: Während das Wohnrecht lediglich das Recht auf Wohnnutzung umfasst, erlaubt der Nießbrauch auch die Erzielung von Erträgen aus der Immobilie.
Die Unterschiede zwischen Nießbrauch und lebenslangem Wohnrecht in der Übersicht:
Nießbrauch | lebenslanges Wohnrecht |
---|---|
Umfassende Nutzung möglich (Wohnen, Vermieten, Verpachten) | Beschränkt auf eigenes Wohnen |
Wirtschaftliche Verwertung möglich, z.B. durch Mieteinnahmen | Keine wirtschaftliche Verwertung möglich |
Nicht übertragbar und vererbbar | Nicht übertragbar und vererbbar |
Kann steuerlich abgesetzt werden | Kann nicht steuerlich abgesetzt werden |
Rechte, Pflichten und Kosten bei Nießbrauch
Aus dem Nießbrauch resultieren verschiedene Rechte und Pflichten. So hat der Nießbraucher beispielsweise das Recht, die Immobilie in seinem Interesse zu nutzen und von etwaigen Erträgen zu profitieren. Gleichzeitig ist er aber auch für die Instandhaltung der Immobilie verantwortlich und muss beispielsweise Reparaturen und Malerarbeiten auf eigene Kosten durchführen. Weiterhin sind die laufenden Nebenkosten für die Immobilie, wie Versicherungen, Grundsteuer, Müllgebühren etc., vom Nießbraucher zu tragen.
Für größere Umbau- oder Modernisierungsmaßnahmen, die den Wert der Immobilie langfristig sichern, ist der Eigentümer zuständig. Er kann allerdings mit dem Nießbraucher vereinbaren, dass dieser größere Sanierungen oder Umbauten selbst übernimmt. Dies muss allerdings im Nießbrauchvertrag festgehalten werden.
Vor- und Nachteile von Nießbrauch
Der Nießbrauch bietet Eigentümer und Nutznießer einige Vorteile wie Flexibilität, Einsparmöglichkeiten bei Steuern und Sicherung des Lebensabends. Wir haben Ihnen die Vor- und Nachteile für Nießbraucher und Eigentümer einmal übersichtlich zusammengestellt.
Vor- und Nachteile für Nutzer des Nießbrauchs
- Vermögenswerte können übertragen und trotzdem weiter genutzt werden
- durch Vermietung können Einnahmen erzielt werden
- das Wohnrecht kann bei entsprechender Vereinbarung langfristig gesichert werden
- Sanierungen können nur mit Einverständnis des Eigentümers durchgeführt werden
- Abgabe der Verkaufsrechte an den neuen Eigentümer
- Es kann kein Kredit mehr aufgenommen, bei dem die Nießbrauch-Immobilie als Sicherheit gilt.
Vor- und Nachteile für den Eigentümer
- Käufer kann sich durch erteiltes Nießbrauchrecht eventuell einen höheren Kaufpreis sichern
- Eigentümer muss keine laufenden Kosten tragen
- Nießbrauch kann bei Schenkung oder Erbschaft helfen, Steuern zu sparen
- Der Verkehrswert der Immobilie sinkt
- Ein Verkauf der Immobilie kann aufgrund des bestehenden Nießbrauchs schwieriger sein
- Bei unterschiedlichen Vorstellungen von Eigentümer und Nießbraucher kann es zu Konflikten kommen
- Größere Modernisierungsmaßnahmen sind durch den Eigentümer zu tragen
Wie lange dauert ein Nießbrauch?
Es gibt verschiedene Varianten, die Dauer des Nießbrauchs zu gestalten:
- Lebenslanger Nießbrauch: Standardvariante bei Nießbrauch, endet automatisch mit dem Tod des Nießbrauchers
- Befristeter Nießbrauch: Endet nach einem festgelegten Zeitraum oder Ereignis
- Auflösende Bedingung: Nießbrauch endet beispielsweise mit dem Erreichen des 70. Lebensjahrs des Nutzers
Stirbt der Nießbraucher vor dem vereinbarten Vertragsende, geht die Immobilie automatisch an den Eigentümer über. Sind im Nießbrauchvertrag mehrere Nutzer festgelegt, bleiben diese auch nach dem Tod eines Nutznießers weiterhin Nießbraucher. Des Weiteren kann das Nießbrauchrecht auch vom Nutzer selbst aufgegeben oder von beiden Parteien einvernehmlich aufgehoben werden.
Wie gehe ich vor, wenn ich einen Nießbrauch einrichten möchte?
Damit ein Nießbrauch rechtswirksam wird, muss er notariell beurkundet und im Grundbuch eingetragen werden. Dies stellt sicher, dass das Recht auch gegenüber Dritten, wie zum Beispiel Gläubigern, Bestand hat.
- Vertragsgestaltung:
Die Rechte und Pflichten von Eigentümer und Nießbraucher werden geklärt und im Vertrag dokumentiert. Die Dauer des Nießbrauchs wird ebenfalls im Vertrag festgehalten.
- Notarielle Beurkundung:
Der Vertrag wird von einem Notar beurkundet und somit rechtlich abgesichert.
- Eintragung ins Grundbuch:
Der Nießbrauch wird in Abteilung II des Grundbuchs registriert.
Wann und wie endet der Nießbrauch?
Der Nießbrauch erlischt nach dem Tod des Nutzers oder dem Ende der vereinbarten Dauer automatisch. Allerdings wird das Nießbrauchrecht damit nicht auch automatisch aus dem Grundbuch gelöscht. Hier gilt eine Jahrespflicht: Nach Ablauf eines Jahres nach dem Tod des Nießbrauchers muss dem Grundbuchamt eine Sterbeurkunde vorgelegt werden.
Soll das Nießbrauchrecht bereits vor Ablauf der Jahrespflicht gelöscht werden, zum Beispiel weil die Immobilie in den Verkauf gebracht werden soll, muss eine notariell beglaubigte Löschungsbewilligung der Erben sowie ein Erbnachweis vorgelegt werden. Um diesen Aufwand zu vermeiden, kann im Nießbrauchvertrag eine Vorlöschungsklausel festgehalten werden, dass die Vorlage einer Sterbeurkunde zur Löschung des Nießbrauchs im Grundbuch genügt.
Eine vorzeitige Beendigung des Nießbrauchs ist nur möglich, wenn alle Beteiligten zustimmen. Auch hier bedarf es einer notariellen Löschungsbewilligung des Nießbrauchers und zusätzlich eines notariellen Löschungsantrages des Eigentümers. Beide Unterlagen reicht der Notar dann beim Grundbuchamt ein. Dieses entfernt den Eintrag im Grundbuch und hebt das Nießbrauchrecht auf.
Sowohl für die notariell beglaubigte Löschungsbewilligung des Nießbrauchers als auch für den Löschungsantrag des Eigentümers fallen Notarkosten an.
Gibt es steuerliche Vorteile bei Nießbrauch?
Ein Nießbrauch kann steuerliche Vorteile bringen, zum Beispiel bei der Schenkungs- oder Erbschaftssteuer. Ein Beispiel: Ein Ehepaar möchte seine Immobilie an die Kinder verschenken. Hierfür fällt allerdings Schenkungssteuer an, sollte der Immobilienwert den gesetzlichen Freibetrag überschreiten. Diese kann durch einen vereinbarten Nießbrauch gemindert werden: Der Wert des Nießbrauchs wird vom Immobilienwert abgezogen, so dass nur noch die Differenz für die Schenkungssteuer relevant ist.
Die Differenz von Immobilienwert und Nießbrauchwert ist auch für die Zahlung der Grunderwerbsteuer grundlegend, die beim Kauf eines Hauses anfällt. Nicht fällig wird die Grunderwerbsteuer nur, wenn der Nießbraucher der Ehepartner oder ein Verwandter 1. Grades des Eigentümers ist.
Wird der Nießbrauch zur Vermietung der Immobilie genutzt, sind die Einkünfte einkommensteuerpflichtig. Diese können jedoch durch Werbungskosten reduziert werden. Dazu zählen beispielsweise Instandhaltungskosten für die Immobilie sowie laufende Nebenkosten wie Grundsteuer, Versicherungen und Gebühren für Schornsteinfeger, Müllabfuhr und Straßenreinigung.
Wie errechnet das Finanzamt den Wert des Nießbrauchs?
Bei der Berechnung der Erbschafts- oder Schenkungssteuer ist für das Finanzamt relevant, was ein lebenslanger Nießbrauch wert wäre. Dazu ermittelt es den Jahreswert des Nießbrauchrechts. Wird die Immobilie vom Verkäufer selbst bewohnt, wäre dies die jährlich eingesparte Miete, die sonst für eine vergleichbare Wohnung gezahlt werden müsste. Wird die Immobilie vermietet, ist der Jahreswert der Mieteinnahmen relevant. Dieser darf allerdings den Verkehrswert der Immobilie geteilt durch 18,6 (§16 Bewertungsgesetz) nicht überschreiten.
Als nächstes wird der Jahreswert mit einem Kapitalwertfaktor, auch Vervielfältiger genannt, multipliziert. Der Kapitalwertfaktor basiert auf dem Alter des Nießbrauchberechtigten sowie der statistischen Lebenserwartung und wird vom Bundesministerium der Finanzen veröffentlicht. Je jünger dabei die Person ist, desto höher ist aufgrund der höheren Lebenserwartung die Dauer des Nutzungsrechts.
Jahreswert x Kapitalwertfaktor = Nießbrauchwert
Ein Rechenbeispiel: Eine Immobilie mit einem Verkehrswert von 500.000 € könnte eine monatliche Miete von 1.100 € erzielen. Der Nießbraucher ist 70 Jahre alt und hat damit noch eine statistische Lebenserwartung von 14,15 Jahren. Der Kapitalwertfaktor beträgt demnach 9,924. Somit würde der Nießbrauchwert 130.996,80 € betragen:
(1.100 € x 12) x 9,924 = 130.996,80 €
Der Verkehrswert der Immobilie in Höhe von 500.000 € wird um den Nießbrauchwert von 130.996,80 € reduziert, der Immobilienwert beträgt dann nur noch 369.003,20 €.
Wie wirkt sich der Nießbrauch auf eine Baufinanzierung aus?
Möchte der neue Eigentümer einen Immobilienkredit aufnehmen, kann ein eingetragener Nießbrauch im Grundbuch die Kreditaufnahme erschweren. Denn jede Belastung, sei es Immobilienkredit oder Nießbrauch, erhält im Grundbuch einen festgelegten Rang, der gegenüber dem anderen vor- oder nachrangig ist (§ 879 BGB). Ist der Nießbrauch an erster Stelle eingetragen, müsste sich die Bank mit einer nachrangigen Eintragung zufriedengeben. Viele Banken lehnen aber eine nachrangige Finanzierung ab.
Um dies zu vermeiden, kann die Reihenfolge im Grundbuch geändert und das Nießbrauchrecht nachrangig gestellt werden. Dies kann bereits im Übergabevertrag vereinbart werden. Dazu muss der Nießbraucher auf seine vorrangige Position verzichten und einen Rangrücktritt erklären. Dieser bedarf einer notariellen Beglaubigung, es fallen also Notarkosten an.
Wird die Immobilie zwangsversteigert, hat der Rang im Grundbuch Einfluss auf das Nießbrauchrecht. Bei einem vorrangigen Eintrag bleibt der Nießbrauch auch nach einem Verkauf bestehen. Eine nachrangige Eintragung hat dagegen die Löschung des Nießbrauchrechts zur Folge. Der Nießbraucher kann dafür einen Wertersatz erlangen, erhält diesen allerdings erst nach dem vorrangigen Gläubiger.
Wird der Immobilienkredit gewährt, profitiert der Eigentümer: Der Nießbrauch mindert den Wert der Immobilie, damit wird unter Umständen weniger Eigenkapital benötigt. Zudem muss weniger Darlehen aufgenommen werden, was wiederum zu einem geringeren Bauzins führen kann.
In welchen Fällen ist Nießbrauch sinnvoll?
Es gibt verschiedene Fälle, in denen ein Nießbrauch sinnvoll sein kann. Dies können beispielsweise sein:
- Als Absicherung im Alter: Der bisherige Eigentümer verkauft sein Haus und erhält eine größere Geldsumme, mit der er seine Rente aufbessern kann. Gleichzeitig kann er in der Immobilie wohnen bleiben und so Miete sparen oder diese vermieten und von den Mieteinnahmen profitieren.
- Als Absicherung von Pflegeheimkosten: Wird das Nießbrauchrecht für die Vermietung genutzt, können die Mieteinnahmen die Heimkosten teilweise oder ganz abdecken.
- Zur Reduzierung von Erbschafts- und Schenkungssteuer: Wird die Immobilie mit eingetragenem Nießbrauchrecht an das Kind verschenkt oder vererbt, senkt der Nießbrauch den möglichen Verkaufspreis und reduziert damit auch die Erbschafts- und Schenkungssteuer beziehungsweise diese fällt aufgrund der Freibeträge gar nicht erst an.