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Leitzins: Der Einfluss des EZB-Leitzinses auf Ihre Baufinanzierung

Introbild Leitzins Baufinanzierung
jens-foelsche
Jens Fölsche
5 Min.
07.03.2024
Das Wichtigste in Kürze
  • Die Europäische Zentralbank (EZB) hat zuletzt im September 2023 den EZB-Leitzins um 0,25 Prozentpunkte angehoben. Damit liegt der Leitzins aktuell bei 4,5 %.
  • Der EZB-Leitzins spiegelt das allgemeine Zinsniveau im Euroraum wider, welches sich auch auf die Entwicklung der Bauzinsen auswirkt. Doch häufig bewegen sich die Bauzinsen früher, bevor die EZB den Leitzins verändert.
  • Eine Baufinanzierung zählt zu den langfristigen Anlagen. Und damit hängt die Zinsentwicklung der Bauzinsen maßgeblich von den Faktoren Staatsanleihe und Pfandbrief ab. Steigen die Zinsen für Staatsanleihen, steigen die Zinsen für Pfandbriefe und somit steigen auch die Zinsen für Baufinanzierungen – und umgekehrt.

Was ist der Leitzins?

Unter dem Leitzins versteht man den Zinssatz, zu dem sich Geschäftsbanken bei einer Zentralbank, Geld leihen beziehungsweise es dort anlegen können. Die Höhe der Zinssätze legt die jeweilige Zentralbank fest. Für Deutschland und die weiteren Länder des Euroraums legt die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzins fest – genauer gesagt der EZB-Rat, der das oberste Beschlussorgan der EZB bildet.

Die drei Leitzinssätze der EZB

In der deutschen Presse wird oft die Formulierung „Leitzins der EZB“ oder „EZB-Leitzins“ benutzt. Doch eigentlich legt die EZB drei Leitzinssätze fest. Konkret handelt es sich dabei um die folgenden drei Leitzinssätze: 

  • Hauptrefinanzierungssatz − Wenn vereinfacht vom „Leitzins“ oder „EZB-Leitzins“ gesprochen wird, ist meist der Hauptrefinanzierungssatz gemeint. Dieser legt fest, zu welchen Zinssatz sich Geschäftsbanken Geld bei der EZB leihen können – und zwar für eine Laufzeit von mindestens einer Woche.
  • Spitzenrefinanzierungssatz − Er gibt an, zu welchen Zinssatz sich Geschäftsbanken Geld bei der EZB kurzfristig („über Nacht“) leihen können.
  • Einlagesatz − Zu diesem Zinssatz können Geschäftsbanken überschüssiges Geld bis zum nächsten Tag bei der EZB parken, also anlegen.

Insgesamt betrachtet sind die drei Leitzinsen der EZB ein wichtiges geldpolitisches Instrument, um die Wirtschaft im Euroraum im Gleichgewicht zu halten und ein stabiles Preisniveau zu ermöglichen. Und da Geschäftsbanken auf Basis der Leitzinsen agieren, hat die EZB zugleich einen großen Einfluss auf die allgemeine Zinsentwicklung.

Wozu dient der Leitzins?

In unserem "Dr. Klein Videolexikon" erläutern wir Ihnen die zentralen Fachbegriffe aus dem Bereich der Baufinanzierung. Im Video "Wozu dient der Leitzins?" wird der Zusammenhang zwischen der Entwicklung des EZB-Leitzinses und der hiesigen Baufinanzierungszinsen näher aufgeschlüsselt.

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Wo liegt der aktuelle Leitzins?

Der wichtigste Leitzinssatz der Europäischen Zentralbank beträgt aktuell 4,5 %. Auf diesem Zinsniveau liegt er seit Oktober 2023. Im Folgenden finden Sie eine aktuelle Übersicht über den Stand der drei Leitzinsen im Euroraum.

LeitzinssätzeZinssätze
Hauptrefinanzierungssatz4,5 %
Spitzenrefinanzierungssatz4,75 %
Einlagesatz4 %
Tabelle: Aktuelle EZB-Leitzinsen (7. März 2024)

Der Hauptrefinanzierungssatz gilt allgemein als der wichtigste Leitzins der EZB. Von März 2016 bis einschließlich Juni 2022 lag der EZB-Leitzins (Hauptrefinanzierungssatz) bei 0 %. Doch ab Juli 2022 hat die EZB den Leitzins kontinuierlich wieder angehoben. Im Oktober 2023 durchbrach sie diesen Zyklus und legte erstmals eine Zinspause ein. 

Der Hintergrund: Mithilfe der hohen Leitzinsen versucht die EZB, die hartnäckige Inflation im Euroraum einzudämmen. Mittelfristig strebt sie eine Inflationsrate von 2 % für den Euroraum an. Doch davon ist sie ein Stück entfernt. Nach einer Schnellschätzung von Eurostat lag die jährliche Inflationsrate im Januar 2024 bei 2,8 %.

Wie sieht die EZB-Leitzinsprognose für 2024 aus?

Seit Oktober 2023 hat die Europäische Zentralbank (EZB) eine Zinspause eingelegt und damit die Leitzinsen nicht weiter erhöht. Doch das könnte sich im Laufe dieses Jahres ändern: „Wir werden in 2024 vermehrt die Diskussion führen, wann ein erster Zinsschritt nach unten passieren wird und nicht mehr über Zinserhöhungen, sondern über Zinssenkungen durch die EZB sprechen“, sagt Michael Neumann. Und ergänzt: „Eine mögliche Senkung halte ich im dritten oder vierten Quartal für realistisch.“

Ob die EZB in 2024 wirklich die Leitzinsen senkt, und in welcher Größe, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Doch viele Experten rechnen in diesem Jahr mit sinkenden Leitzinsen. So geht beispielsweise die Deutsche Bank davon aus, dass die EZB den Leitzins bis Ende 2024 auf 3 % senkt. Dagegen erwartet die Sparkasse KölnBonn dass die EZB die Leitzinsen nur moderat reduziert. Demnach soll der Hauptrefinanzierungssatz am Jahresende bei 4 % liegen.

Warum senkt oder hebt die EZB den Leitzins?

Mit der Festlegung der Leitzinsen verfolgt die EZB vorrangig das Ziel, die Preise im Euroraum stabil zu halten. Zugleich nimmt sie mit der Festlegung auch Einfluss auf die Konjunkturentwicklung. Daher ist jede Zinsentscheidung der EZB ein Drahtseilakt. So trägt beispielsweise ein hoher Leitzins dazu bei, dass die Inflation zwar allmählich wieder sinkt. Doch zugleich sind hohe Leitzinsen auch eine Gefahr für den wirtschaftlichen Aufschwung,

Wenn sich weniger Geld im Wirtschaftskreislauf befindet und die Kreditzinsen sich verteuern, ist das eine Belastung für die Wirtschaft. So findet beispielsweise Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung , dass die aktuelle Geldpolitik der EZB „die größte Bremse für die wirtschaftliche Entwicklung im Euroraum und vor allem für Deutschland“ ist.  

Was sind die wichtigsten Ergebnisse der letzten EZB-Zinssitzung?

25. Januar 2024: Der erste Zinsentscheid des EZB-Rats bestätigte den bisherigen geldpolitischen Kurs. So verzichtet der EZB-Rat darauf, die Leitzinsen weiter anzuheben. Es ist bereits die dritten Zinspause nacheinander. Der EZB-Rat begründete seine Entscheidung damit, „dass sich die EZB-Leitzinsen auf einem Niveau befinden, das – wenn es lange genug aufrechterhalten wird – einen erheblichen Beitrag“ leistet, um die Inflation im Euroraum mittelfristig auf 2 % zu drücken.

Der Hintergrund: Im Juli 2022 hatte hat der EZB-Rat wegen der hohen Inflation im Euroraum damit begonnen, die Leitzinsen sukzessiv zu erhöhen. Im Oktober und im Dezember 2023 beschloss er, eine Zinspause einzulegen.

Gibt es einen direkten Zusammenhang zwischen dem EZB-Leitzins und den Baufinanzierungszinsen?

Der EZB-Leitzins beeinflusst die aktuellen Bauzinsen nur indirekt. Eine Reaktionskette kann zustande kommen, muss aber nicht. In der Regel kündigt die EZB eine Leitzinsänderung lange im Voraus an, noch bevor sie den Leitzins ändert. Sowohl der Geldmarkt für kurzfristige Anlagen als auch der Kapitalmarkt für langfristige Anlagen reagieren bereits bei einer Ankündigung einer Leitzinsänderung.

Kommt es dann tatsächlich zu einer Änderung des Leitzinses, reagiert der Geldmarkt in der Regel noch einmal stärker darauf, da kurzfristige Zinsänderungen schneller an den Kunden weitergegeben werden können. Langfristige Anlagen sind dagegen weniger flexibel. Sie schlagen ihren Kurs bereits bei der Ankündigung einer Änderung des Leitzinses ein. Kommt es zu einer EZB-Leitzinsänderung muss nicht mehr nachgesteuert werden.

Eine Baufinanzierung zählt zu den langfristigen Anlagen. Hier wirken sich Vorankündigungen über Zinsänderungen im Gegensatz zu den Bewegungen auf dem Geldmarkt oft zeitverzögert und abgeschwächt aus.

EZB-Leitzins: Der indirekte Einfluss auf die Bauzinsen

Die Bauzinsen werden nur indirekt vom EZB-Leitzins beeinflusst. Nachfolgend wollen wir Ihnen das an einem Szenario verdeutlichen.

Die EZB senkt den Leitzins: Senkt die EZB den Leitzins, sinken auch die Sparzinsen auf dem Geldmarkt. Viele Anleger wandern dann in den Kapitalmarkt ab, weil dort die Zinsen für die deutschen Staatsanleihen trotz der Leitzinssenkung meist etwas höher ausfallen als die aktuellen Sparzinsen. Durch die hohe Nachfrage sinken die Zinsen für die deutschen Staatsanleihen, die Pfandbriefzinsen und damit dann die Baufinanzierungszinsen. 

Unsere Infografik veranschaulicht die direkten und indirekten Reaktionen des Geld- und Kapitalmarkts, wenn die EZB den Leitzins senkt.

Infografik: Was passiert mit den Bauzinsen bei einer Leitzinssenkung?

Infografik: Was passiert mit den Bauzinsen bei einer Leitzinssenkung?

Wir halten fest: Die Veränderungen des EZB-Leitzinses wirkt sich nicht direkt auf die Baufinanzierungszinsen aus. Vielmehr erfolgt die Reaktion der Bauzinsen zeitverzögert, meist bereits bei der Ankündigung einer Leitzinsänderung. Die Zinsentwicklung der Baufinanzierungszinsen hängt also maßgeblich von Angebot und Nachfrage auf dem Kapitalmarkt ab.

Fazit: Der Einfluss des EZB-Leitzinses auf die Bauzinsen

Es gibt viele Einflussfaktoren, die sich auf die Höhe der Baufinanzierungszinsen auswirken. Manche davon können Sie direkt beeinflussen andere dagegen nicht. In die letzte Kategorie gehört zum Beispiel auch der EZB-Leitzins, der allerdings nur einen indirekten Einfluss auf die Entwicklung der Baufinanzierungszinsen hat. Eine eindeutige Reaktionskette kann zustande kommen, muss aber nicht. Dafür sprechen gleich mehrere Gründe: 

  • Baufinanzierungszinsen eilen dem Leitzins in der Regel voraus. In anderen Fällen reagieren sie gar nicht auf die Ankündigung oder anders als erwartet.
  • Während eine Leitzinsänderung sich direkt auf die Sparzinsen auswirkt, hat der Leitzins allenfalls nur eine indirekte Auswirkung auf die Baufinanzierungszinsen.

Generell gilt: Die Entwicklung der deutschen Staatsanleihen und Pfandbriefe geben die Richtung für die Bauzinsen vor. Zwischen den Baufinanzierungszinsen und den Zinsen für Pfandbriefe besteht also ein direkter Zusammenhang. Auch individuelle Faktoren wie die Dauer der Zinsbindung bestimmen maßgeblich die Höhe der Bauzinsen. Wie Sie Ihren persönlichen Bauzins beeinflussen können, haben wir für Sie im Artikel „Aktuelle Bauzinsen“ zusammengefasst.

Pfandbriefe: Wie Banken ihre Baufinanzierungen refinanzieren

Banken leihen sich in der Regel das Geld für eine Baufinanzierung, also die Darlehenssumme, von einem Anleger. Experten sprechen dann von einer Refinanzierung. Eine klassische Form der Geldbeschaffung ist der Handel mit Wertpapieren am Kapitalmarkt.

Das Prinzip: Leiht ein Anleger der Bank das Geld für eine Baufinanzierung bekommt er im Gegenzug einen festen Zins über die Dauer der Laufzeit. Im Fachjargon spricht man dann von einem „Pfandbrief“. Sie gelten als sichere Anleihen, da sie mit einer Besicherung einhergehen, meist ist es eine Immobilie. Zudem werden Pfandbriefe durch das Pfandbriefgesetz (PfandBG) staatlich reguliert.

Der Ablauf der Refinanzierung von Baufinanzierungen lässt sich grob in die folgenden Schritte unterteilen: 

  1. Der Kunde kommt auf die Bank zu und möchte eine Baufinanzierung abschließen.
  2. Das Geld für die Baufinanzierung leiht sich die Bank von Anlegern auf dem Kapitalmarkt. Dafür gibt sie Pfandbriefe an die Anleger heraus. Als Sicherheit dienen entweder Immobilien, die die Bank selbst besitzt oder die Rechte an den Immobilien ihrer Baufinanzierungskunden.
  3. Für ihre Investition erhalten die Anleger Zinsen und das Recht, die Immobilie beim Zahlungsausfällen verwerten zu dürfen.
  4. Die Bank gibt das Geld an den Kunden als Darlehenssumme für seine Baufinanzierung weiter.
  5. Der Kunde zahlt die Darlehensraten an die Bank, die sich aus Tilgung und Zins zusammensetzen. Der Zinssatz ist größer als der Zinssatz, den die Bank an die Anleger zahlt. Die Marge markiert damit den Gewinn der Bank.

Fazit: Die Bank erfüllt ihre Verpflichtungen gegenüber dem Anleger und sie erzielt gleichzeitig einen wirtschaftlichen Gewinn. Die Baufinanzierungszinsen hängen also direkt von der Höhe des Pfandbriefzinses ab. Der Leitzins hat dagegen keinen direkten Einfluss auf die Baufinanzierungszinsen.

Deutsche Staatsanleihen: Ein verlässlicher Indikator für die Entwicklung der Bauzinsen

Als Grundlage für den Pfandbriefzins dient der Zinssatz für die 10-jährige Staatsanleihe, die auch 10-jährige Bundesanleihe genannt wird. Der Zinssatz wird regelmäßig von der Deutschen Girozentrale in Frankfurt am Main ausgegeben. Deutsche Staatsanleihen gelten wie Pfandbriefe als besonders sichere Wertpapiere.

Das hat folgenden Grund: Seit Jahrzehnten bekommt Deutschland von den Ratingagenturen Bestnoten und gilt daher unter den Anlegern als „sicherer Hafen“ und als besonders kreditwürdig. Je größer die Nachfrage nach deutschen Staatsanleihen ist, desto höhere Preise kann der deutsche Staat dafür verlangen. Das sorgt dafür, dass die Zinsen für deutsche Staatsanleihen sinken und mit ihnen auch die Rendite für die Anleger.

Eine hohe Nachfrage nach deutschen Staatsanleihen treibt deren Preise in die Höhe. Damit muss Deutschland weniger Zinsen an die Anleger zahlen. Das schmälert die Rendite. Sinken die Zinsen für die Staatsanleihen, sinken auch die Zinsen für die Pfandbriefe und somit auch die Baufinanzierungszinsen.

Steigen die Zinsen für Staatsanleihen, steigen die Zinsen für Pfandbriefe, steigen die Zinsen für Baufinanzierungen.

Fazit: Der Pfandbriefzins wirkt sich direkt auf die Baufinanzierungszinsen aus. Und der Zins der deutschen Staatsanleihen hat direkten Einfluss auf den Pfandbriefzins.

Wie können die Baufinanzierungszinsen reagieren, wenn der Leitzins sich ändert?

Verfolgt man die Zinsentwicklung der Baufinanzierungszinsen und des Leitzinses, wird deutlich, dass die Zinsentwicklungen ähnlich sind. Doch in der Regel bewegen sich die Baufinanzierungszinsen schneller als der EZB-Leitzins. 

Der Grund: Die EZB kündigt in der Regel eine Leitzinsänderung lange im Voraus an. Der Geld- und Kapitalmarkt stellten sich darauf ein und preisen die Entwicklung ein. Damit steigen oder fallen auch die Zinsen für deutsche Staatsanleihen, bevor es zur Leitzinsänderung kommt. Die Reaktionskette für die Baufinanzierung wird in Gang gesetzt:

Die EZB kündigt eine Leitzinsänderung an. Staatsanleihen, Pfandbriefe und Baufinanzierungszinsen schlagen dann die entsprechende Richtung ein.

Im Normalfall eilen die Baufinanzierungszinsen also dem Leitzins voraus: In anderen Fällen reagieren sie gar nicht auf die Ankündigung oder anders als erwartet. Die folgenden beispielhaften Szenarien sollen dies veranschaulichen.

Szenario 1: Leitzins und Baufinanzierungszinsen steigen oder sinken im Gleichschritt

Sinkt der EZB-Leitzins, werden Sparanlagen auf dem Geldmarkt unattraktiv für Anleger. Viele Anleger wenden sich dann dem Kapitalmarkt zu, wo unter anderem die deutschen Staatsanleihen gehandelt werden. Deren Nachfrage steigt und damit auch ihr Kurs. Und gemäß dem Angebot-Nachfrage-Prinzip sinkt ihre Rendite.

Gleiches gilt für den Pfandbrief: Eine hohe Nachfrage hat einen hohen Kurs zur Folge: Der Pfandbriefzins sinkt und ebenso die Rendite. Und im Gleichschritt sinken auch die Baufinanzierungszinsen.

Szenario 2: Baufinanzierungszinsen bewegen sich, während der Leitzins stagniert

Ein Beispiel: Die Baufinanzierungszinsen sind in den 10er-Jahren um etwa 75 % gefallen. Dagegen lag der EZB-Leitzins von März 2016 bis Juli 2022 bei 0 %. Die Baufinanzierungszinsen bewegten sich also, obwohl die EZB den Leitzins nicht verändert hat.

Dieser historische Zinsverlauf bei den Baufinanzierungszinsen lässt sich unter anderem mit dem umfangreichen Aufkauf von Staatsanleihen durch die EZB erklären. Die EZB nutzte dieses geldpolitische Instrument, um die Inflation und die Konjunktur im Euroraum anzukurbeln.

Im Vergleich zum EZB-Leitzins wirkte sich das Anleihekaufprogramm der EZB direkter auf die Entwicklung der Baufinanzierungszinsen aus. In diesem Fall ergibt sich folgende Reaktionskette: Die EZB belässt den Leitzins und kauft stattdessen deutsche Staatsanleihen auf. Staaten und Unternehmen profitieren von günstigen Krediten. Der Pfandbriefzins sinkt und damit auch die Baufinanzierungszinsen.

Die EZB belässt den Leitzins und kauft stattdessen deutsche Staatsanleihen auf. Staaten und Unternehmen profitieren von günstigen Krediten. Der Pfandbriefzins sinkt und damit auch die Baufinanzierungszinsen.

Szenario 3: Leitzins und Baufinanzierungszinsen entwickeln sich entgegengesetzt

Die EZB kann den Leitzins theoretisch auch anheben, wenn die wirtschaftliche Lage im Euroraum eher eingetrübt ist. Dadurch würden Sparzinsen fast zeitglich steigen. Doch die Anleger spielen nicht mit und entscheiden sich weiterhin, ihr Geld in deutsche Staatsanleihen zu investieren. In diesem Fall würden die Baufinanzierungszinsen entgegen allen Erwartungen sinken, weil die Nachfrage nach deutschen Staatsanleihen gleichbleibend hoch ist.

Fazit: Der Einfluss des Leitzinses auf die Bauzinsen lässt sich nicht leicht bestimmen

Die drei Szenarien zeigen, dass der Einfluss des Leitzinses auf die Entwicklung Bauzinsen ganz unterschiedlich ausfällt. Vielmehr sind es diverse Faktoren, zum Beispiel das Verhalten von internationalen Großanlegern oder weltpolitische Konflikte, die das Verhalten auf dem Geld- sowie Kapitalmarkt positiv beziehungsweise negativ beeinflussen – und damit auch die Bauzinsentwicklung.

Baufinanzierungszinsen berechnen

Wie hat sich der EZB-Leitzins seit 1999 entwickelt?

Vor der globalen Finanzkrise 2008 bewegten sich der EZB-Leitzins im Schnitt zwischen 2 und 5 %. Als Reaktion auf die globale Finanzkrise und die spätere Eurokrise hat der EZB-Rat die Leitzinsen immer weiter gesenkt. Wie unser EZB-Leitzins-Chart zeigt, erreichte der EZB-Leitzins am 16. März 2016 erstmals die Null-Prozent-Marke. Diese historische Nullzinsphase dauerte dann bis zum Sommer 2022 an.

Am 21. Juli 2022 vollzog der EZB-Rat vor dem Hintergrund der hohen Inflation im Euroraum eine Zinswende: Die Leitzinsen wurden wieder erhöht. In zehn aufeinander folgenden Schritten hat der EZB-Rat den EZB-Leitzins auf aktuell 4,5 % angehoben. Im Oktober 2023 wurde dieser Zinszyklus beendet. Der EZB-Rat beschloss, eine Zinspause einzulegen. Und viele Experten gehen davon aus, dass der EZB-Leitzins sich in der ersten Jahreshälfte 2024 nicht verändert – also weder nach oben noch nach unten.

Chart: EZB-Leitzinsentwicklung 1999 bis 2023 // © Statista 2023
Chart: EZB-Leitzinsentwicklung 1999 bis 2023

Aktuelle Zinsentscheidung der EZB

7. März 2024: Der EZB-Rat hat zum vierten Mal nacheinander auf eine Erhöhung der Leitzinsen verzichtet. Der Grund: Die bereits vorgenommenen Zinserhöhungen leisteten "einen erheblichen Beitrag", um das Inflationsziel von 2 % zu erreichen. Ob der EZB-Rat die Leitzinsen wieder senkt, hängt maßgeblich von der Entwicklung der Inflationsrate im Euroraum ab. 

„Wir brauchen noch viel mehr Informationen in den nächsten Monaten, um ausreichend sicher zu sein“, sagte EZB-Präsidentin Christine Lagarde auf der Pressekonferenz. Heißt im Klartext: Zinssenkungen stehen aktuell im EZB-Rat nicht auf der Agenda. Zudem erwartet die EZB in diesem Jahr eine durchschnittliche Inflation von 2,3 %. Für das Jahr 2025 liegt die erwartete Inflation bei 2 %, für 2026 sogar bei 1,9 %.

Historie: Ältere Zinsentscheidungen der EZB

25. Januar 2024: Der EZB-Rat verzichtet zum dritten Mal nacheinander auf eine Erhöhung der Leitzinsen. Er verwies darauf, dass die aktuellen Daten seine Einschätzung zu den mittelfristigen Inflationsaussichten bestätigten.

14. Dezember 2023: Zum zweiten Mal nacheinander verzichtet der EZB-Rat darauf, die Leitzinsen zu erhöhen. Zugleich wies er daraufhin, dass Zinssenkungen aktuell keine Option sind. Die Begründung: Die Leitzinsen werden „solange wie erforderlich“ auf einem ausreichend hohen Niveau bleiben, bis das mittelfristige Inflationsziel von 2 % im Euroraum erreicht ist.

26. Oktober 2023: Nach zehn aufeinanderfolgenden Leitzinserhöhungen legt der EZB-Rat erstmals eine Zinspause ein. Die Begründung: Die Inflation ist im September „merklich zurückgegangen“. Dennoch schließt der EZB-Rat weitere Zinserhöhungen in den nächsten Monaten nicht aus.

14. September 2023: Der EZB-Rat erhöht zum zehnten Mal nacheinander die Leitzinsen – und zwar um jeweils 0,25 Prozentpunkte. Die Begründung: Der Schritt sei nötig, um für eine „zeitnahe Rückkehr der Inflation zum mittelfristigen Ziel von 2 %“ zu sorgen.

FAQ: Häufige Fragen zum Leitzins

Was auch noch interessant für Sie sein könnte.

  • Was ist der Leitzins?

    Mit dem umgangssprachlichen Begriff „Leitzins“ ist meist der Hauptrefinanzierungssatz der EZB gemeint. Er ist der wichtigste der drei Leitzinssätze der EZB. Mit dem jeweiligen Zinssatz legt die EZB fest, zu welchen Konditionen sich Geschäftsbanken Geld bei der EZB leihen beziehungsweise anlegen können.

  • Wie hoch ist der Leitzins?

    Der Leitzins der EZB, Experten sprechen auch vom Hauptrefinanzierungssatz, liegt aktuell bei 4,5 % (25. Januar 2024). Die aktuellen Werte der beiden anderen Leitzinssätze – Spitzenrefinanzierungssatz und Einlagesatz – liegen bei 4,75 % und 4 %.

  • Wie wird der Leitzins festgelegt?

    Die Höhe der jeweiligen Leitzinsen legt jede Zentralbank (EZB oder die Fed in den USA) unabhängig fest. Bei der EZB ist beispielsweise der sogenannte EZB-Rat dafür zuständig. In der Regel werden die Zinsänderungen an vorher definierten Terminen veröffentlicht.

  • Wann wird der Leitzins wieder gesenkt?

    Eine pauschale Antwort auf diese Frage gibt es, da beispielsweise niemand genau weiß, wie sich die Inflation im Euroraum in den nächsten Monaten entwickelt. Allerdings erwarten die meisten Experten, dass die EZB die Leitzinsen in 2024 wieder senken wird. „Eine mögliche Senkung halte ich im dritten oder vierten Quartal für realistisch“, meint beispielsweise Michael Neumann, Zinsexperte von Dr. Klein.

  • Wann ist die nächste Zinsentscheidung der EZB?

    er EZB-Rat tagt meist alle 6 Wochen in Frankfurt am Main, um die drei Leitzinssätze festzulegen. Die Termine für die nächsten Zinsentscheidungen in 2024 sind:

    • 07. März 2024
    • 11. April 2024
    • 06. Juni 2024
    • 18. Juli 2024
    • 12. September 2024
    • 17. Oktober 2024
    • 12. Dezember 2024

    Die aktuellen Termine können Sie auch auf der Website der Europäischen Zentralbank abrufen.

  • Wie beeinflusst der Leitzins die Inflation?

    Gegenwärtig strebt die EZB mittelfristig eine Inflationsrate von 2 % für den Euroraum an. Aktuell (12/2023) liegt sie bei 2,9 %. Zum Vergleich: Im Dezember 2022 lag sie noch bei 9,2 %. Mithilfe hoher Leitzinsen versucht die EZB, die Inflation zu senken.

    Die Theorie dahinter lautet: Durch höhere Zinsen sollen sich die Preise wieder normalisieren. Steigen die Leitzinsen, verteuern sich in der Regel Güter, Dienstleistungen und Kredite. So investieren beispielsweise Unternehmen weniger und Verbraucher halten sich beim Konsum zurück. Die Folge: Das Angebot ist größer als die Nachfrage. Dies führt allmählich dazu, dass die Preise und die Inflationsrate wieder sinken.

  • Wie wirkt sich der Leitzins auf die Kredite aus?

    Die Höhe der Leitzinsen bestimmen die Konditionen, zu welchen Zinssätzen sich Geschäftsbanken Geld bei der EZB leihen können. Sind sie niedrig, erhalten Geschäftsbanken „günstiges Geld“ von der EZB. Diese günstigen Kreditzinsen können sie dann an ihre Kunden weitergeben. Steigen dagegen die Leitzinsen, verteuert sich der „Einkaufspreis“ für die Geschäftsbanken. In der Regel geben sie diese Kostensteigerungen an ihre Kunden weiter. Die Kreditzinsen steigen also.

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