Roh- und Baustoffe werden knapp: Ursachen und Folgen

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Es lässt sich kaum mehr ignorieren – egal ob beim Hausbau, einer Renovierung oder beim Möbelkauf: die meisten Materialien sind knapp geworden. Und ziemlich teuer. Gestiegene Preise und lange Lieferzeiten deuten darauf hin: Da ist etwas durcheinandergeraten. Wie kommt das, woran liegt das und was bedeutet das für das eigene Bauvorhaben? Wir haben uns schlau gemacht.

Was ist da los mit den Baustoffen?

Baustoffe werden knapp – und teuer. Seit dem vierten Quartal 2020 sind die Preise und Lieferzeiten sukzessive und rasant gestiegen.

Die signifikantesten Probleme zeichnen sich bei der Beschaffung von Holz ab. Betriebe klagen über Preissteigerungen von über 30 % seit dem vierten Quartal 2020.

Die Preise für Dämmstoffe stiegen allein im April um etwa 50 %. Auch Stahl, Kupfer und Kunststoffe werden zunehmend knapp und teuer, ebenso Baumaterialien wie Putz, Lacke und Farben.

Bauunternehmen warnen vor Baustopps, denn das Problem der Materialknappheit zieht einen Rattenschwanz nach sich: Beim Neubau zum Beispiel gerät das gesamte Vorhaben in große Verzögerungen, wenn der Dachstuhl aufgrund von Holzmangel nicht fertiggestellt werden kann. Denn dann kommen auch andere Gewerke wie Elektriker und Co. ins Stocken und können nicht weiterarbeiten. Viele Unternehmen fürchten, ihre Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken zu müssen. Nicht, weil es an Aufträgen mangelt – sondern weil es schlichtweg kaum noch Material gibt, das sie verbauen können.

Bauunternehmen haben außerdem zunehmend Schwierigkeiten, ihre Angebote zu kalkulieren. Denn die Preise der Lieferanten schwanken tagesaktuell. Wurde also vor einigen Wochen ein Angebot geschrieben, kann es sein, dass das Unternehmen nun mit dem Angebotspreis nicht mehr hinkommt und auf den Mehrkosten sitzen bleibt – weil die Materialkosten zwischen Angebotszeitpunkt und Ausführung in die Höhe geschnellt sind.

Was sind die Gründe für den Mangel an Roh- und Baustoffen?

Zusammengefasst lässt sich der Baustoffmangel auf folgende Aspekte zurückführen:

  • Von Corona geschädigte Produktionsabläufe (Kurzarbeit, zeitweise heruntergefahrene Produktion)
  • Waldbrände und Unwetter in den USA
  • Immense Nachfrage in China, dadurch mehr Export
  • Material wird gehortet und fehlt dort, wo es gebraucht wird
  • Ein weltweiter Bau- und Renovierungsboom aus Mangel an Freizeitalternativen

Bei den Ursachen für den Baustoffmangel kommt einiges zusammen. Aller Übel Anfang ist aber im Grunde die Corona-Pandemie. Als die Pandemie die Welt Anfang 2020 in eine Art Schockstarre versetzt hat, wurden Produktionskapazitäten drastisch heruntergefahren.

  • Firmen, die die Baustoffe herstellen, fürchteten zu Beginn der Pandemie darauf sitzen zu bleiben. Sie haben die Produktion heruntergefahren.
  • Im dritten Quartal 2020 ist dann plötzlich die Konjunktur in China wieder hochgefahren, der Bauboom hat dort nach überwundener Corona-Krise noch einmal angezogen. Dadurch sind der Bedarf und die Nachfrage nach Rohstoffen überraschend und immens gestiegen.
  • Die USA zogen schnell nach, auch hier wurde schnell wieder viel Material benötigt. Waldbrände in Kalifornien und Handelsstreitigkeiten mit Kanada sorgen zudem für einen höheren Importbedarf von Holz. 
  • Die Produktionen weltweit konnten nicht im gleichen Umfang wieder hochfahren – die Nachfrage ist schneller als die Kapazität gewachsen. Und die Verzögerungen nahmen ihren Lauf.

Probleme in den Lieferketten, wie zum Beispiel die Blockade im Suezkanal, verstärken das Problem und sorgen für Verzögerungen, die schwer nachzuholen sind. Durch das Ungleichgewicht im Welthandel herrscht zudem auch noch akuter Containermangel, der Lieferabläufe weiter erschwert.

Die hohe Nachfrage von China und den USA sorgt dafür, dass gerade massiv Roh- und Baustoffe in diese Länder exportiert wird. Die USA hatten zudem mit verheerenden Waldbränden zu kämpfen, die den Holzmangel ebenfalls verschärfen. Der Bedarf an Baumaterialien aller Art in Übersee ist groß, es werden dort höhere Preise gezahlt, um das knappe Material zu beschaffen. Das treibt den Export voran, sodass in Deutschland weniger übrigbleibt. Das wenige Material, was noch übrig ist, wird gehortet und ist letztendlich nicht da, wo es gebraucht wird.

Ein weiterer, überall wahrnehmbarer Faktor: Weltweit waren und sind Menschen gezwungen, viel Zeit zu Hause zu verbringen. Urlaube, Essen gehen, Theater und Konzerte fallen gerade größtenteils weg – dadurch bleibt bei vielen einiges an Geld übrig. Geld, mit dem man sich die eigenen vier Wände besonders schön machen kann, wenn man schon so viel Zeit dort verbringen muss. Vom Gartenhaus bis zu den Möbeln, vom frischen Anstrich bis zum neuen Dach. Die Tatsache, dass die Produktionen durch den schnellen Nachfrageanstieg anderer Märkte ohnehin schon hinterherhängen wird also gerade noch dadurch befeuert, dass hierzulande gerade viele Menschen gleichzeitig ihr Zuhause verschönern möchten.

Jeder einzelne Faktor für sich allein genommen würde nicht ins Gewicht fallen. In der jetzigen Konstellation hat sich jedoch eine Kettenreaktion ergeben, die nahezu jeden Verbraucher betrifft.

Welche Auswirkungen hat der Mangel an Bau- und Rohstoffen auf den Endkunden? Und wie geht man damit um?

Da einige Faktoren zusammenkommen, ist es schwer zu sagen, ob und wann der Baustoffmangel und die damit einhergehende Teuerung ein Ende finden. Eine Rückkehr zu den Preisen vor Corona ist aber eher unwahrscheinlich. Angehende Bauherren sollten auf jeden Fall langfristig planen, mit Teuerungen rechnen und einen finanziellen Puffer einplanen. Eine Baufinanzierung, die am Limit geplant ist, ist ohnehin nicht empfehlenswert. Sie kann nun aber erst recht kritisch werden, wenn noch Bauarbeiten oder Sanierungen anstehen. Eine Nachfinanzierung ist dann nicht so leicht zu bekommen.

Wurde ein Angebot vor längerer Zeit unterschrieben, kann es sinnvoll sein, rechtzeitig auf das Unternehmen zuzugehen und nachzuhaken, ob der Angebotspreis wirklich gehalten werden kann. Das erspart Ärger und Unternehmen und Kunde können sich rechtzeitig einigen, sollte es zu Preiskomplikationen kommen.

Bei aktuellen Angeboten werden zukünftig die höheren Preise berücksichtigt werden. Kürzere Angebotsfristen könnten ein Mittel werden, damit Unternehmen schneller auf steigende Kosten reagieren können.

Um zeitliche Verzögerungen werden Bauherren kaum herumkommen. Wichtig ist hierbei, diese einzuplanen und zum Beispiel die Mietwohnung nicht zu früh zu kündigen.


Gut beraten ins Eigenheim?


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