Wer für Winterunfälle auf dem Grundstück haftet

Schnee und Eis: Wer für Unfälle auf dem Grundstück haftet

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Am Wochenende soll es im Norden Deutschlands bis zu 60 Zentimeter Neuschnee geben. Eine Freude für die Kleinen, häufig ein Graus für die Großen. Doch in wie weit muss ich als Eigenheimbesitzer Schnee schippen? Und was passiert, wenn ich nicht schippe? Die Antworten hat Redakteurin Caro für euch.

Eine kurze Geschichte zum Start des Beitrags: Als mein Mann und ich Ende 2018 eine neue Wohnung in Lübeck suchten, hatte ein uns angebotener Mietvertrag einen eigenartigen Passus. Sinngemäß wollte uns der Vermieter zu einer ganzen Reihe Hausmeistertätigkeiten verdonnern. Neben der Mülltonnen-Verantwortlichkeit, Rasenmähen und Entästen unter anderem auch das Räumen und Befreien der Einfahrt und des Gehwegs vor dem Mietshaus von Eis und Schnee. Da wir im Winter aber zu gern in die Sonne fliegen (*seufz*), hätten wir das gar nicht gewährleisten können und auch nicht wollen.

Dieser Passus ist rein rechtlich gesehen in Ordnung. Vermieter dürfen diese Pflicht auf die Mieter übertragen. Bei der großen Wohnungsnot überlesen viele Bewerber solche Dinge aber sicherlich schnell. Wir haben die Wohnung nicht genommen, denn die Verantwortung ist mitunter größer als man zunächst denken mag.

Es besteht eine Räum- und Streupflicht

In Deutschland ist es gesetzlich geregelt, dass Hauseigentümer dazu verpflichtet sind, die Gehwege vor ihrem Grundstück von Schnee und Eis zu befreien und gegebenenfalls Streugut zu verteilen. Das nennt sich Verkehrssicherungspflicht. Es macht dabei keinen Unterschied, ob man die Immobilie selbst bewohnt oder sie vermietet. Eine Berufstätigkeit, Urlaub oder sonstige Hindernisse hebeln diese Pflicht nicht aus – auch, wenn man beispielsweise belegen kann, dass man im Urlaub war.

Kann man dieser Verkehrssicherungspflicht nicht persönlich nachkommen, müssen Eigentümer dafür Sorge tragen, dass jemand anderes diese Pflicht übernimmt. Das kann ein Hausmeisterservice oder Winterdienst sein, oder eben auch die ausdrückliche dauerhafte Übertragung dieser Pflicht auf einen Mieter (ein Punkt in der Hausordnung reicht hierfür nicht aus). Allerdings sind Eigentümer mit der Beauftragung eines Winterdienstes nicht abgesichert. Sie müssen dennoch kontrollieren, ob die Wege tatsächlich frei sind. Diese Räum- und Streupflicht umfasst nicht nur den Weg von der Haustür zum Gehweg und den Gehweg bis zu den nächsten Häusern, sondern auch:

  • Die Wege zu den Mülltonnen
  • Der Bereich um die Briefkästen
  • Die Zufahrten zur Tiefgarage
  • Eiszapfen an den Dächern entfernen
  • Schneelasten von Dächern entfernen

Auf diese winterliche Kletterei hätte ich als Mieter keine große Lust, um ehrlich zu sein. Übrigens ist Streusalz in vielen Gemeinden verboten. Wird jemand beim Streuen von Salz erwischt, drohen mitunter Bußgelder zwischen 500 und 10.000 Euro.

Wer haftet, wenn jemand auf dem verschneiten Weg ausrutscht?

Das klingt erst einmal nach einer ziemlich nervigen Sache – immerhin gehört den Eigentümern der Gehweg vor dem Haus gar nicht, sondern der Kommune. Städte und Kommunen können die Räum- und Streupflicht aber über die Stadt- oder Gemeindeverordnung abgeben; ähnlich wie Vermieter sie auf Mieter umlegen können. Dennoch sollten Eigentümer und verpflichtete Mieter diese Pflicht überaus ernst nehmen, denn es geht im Ernstfall um die Haftung bei Personenschäden.

Rutscht ein Fußgänger nämlich auf dem vereisten Gehweg aus und bricht sich ein Bein, haftet der Eigentümer oder der verpflichtete Mieter für diesen Schaden. Er ist also für den Beinbruch verantwortlich und muss gegebenenfalls Schadenersatz an den Verletzten zahlen. Und das kann durchaus teuer werden. Bei heftigem Schneefall muss daher auch mehrfach am Tag Schnee geschippt und gestreut werden, wenn nötig.

Wie kann ich mich vor Schadenersatzzahlungen schützen?

Wohl dem, der dann eine gute private Haftpflichtversicherung abgeschlossen hat. Denn diese zahlt, wenn der versicherte Mieter oder Eigenheimbesitzer einer anderen Person einen Schaden zufügt. Das kann neben beispielsweise einem zerstörten Handy (Sachschaden) eben auch der Schaden durch eine Verletzung (Personenschaden) sein.

Bei Personenschäden können die Schmerzensgelder oder Verdienstausfallzahlungen unter Umständen sogar in die Millionen gehen. Das kann passieren, wenn der Passant durch den Unfall auf dem verschneiten Gehweg zum Beispiel so schwer verletzt wird, dass er nie wieder arbeiten kann. Daher sollte die Versicherungssumme bei einer privaten Haftpflichtversicherung mindestens zehn Millionen Euro betragen.

Die Kosten für eine umfangreiche private Haftpflichtversicherung halten sich in Grenzen. Singles bekommen sie bereits für 40 bis 65 Euro Jahresbeitrag, wohlgemerkt mit der Versicherungssumme von zehn Millionen Euro. Im Ernstfall hat sich der Versicherungsbeitrag dann doppelt und dreifach gelohnt. Vermieter benötigen übrigens eine spezielle Grundbesitzerhaftpflichtversicherung.

Muss der Eigentümer bei Schnee immer Schadenersatz zahlen?

Allerdings muss der Eigentümer oder verpflichtete Mieter nicht in jedem Fall für Personenschäden aufkommen. Ein lückenloser Schutz kann einfach nicht gewährleistet werden. Im Winter und bei Schnee und Eis müssen sich Fußgänger den Wetterverhältnissen entsprechend verhalten und auch kleiden, das haben einige Gerichte bestätigt. Rutscht der Fußgänger trotz nachweislich geräumter und gestreuter Gehwege aus, ist eine eindeutige Schuldzuweisung schwierig. Im Zweifelsfall müssen die Gerichte entscheiden, wer den Schaden zu verantworten hat.

Die Kosten für eine potenzielle Gerichtsverhandlung trägt übrigens in der Regel auch die Haftpflichtversicherung. Sie bietet bei ungerechtfertigten Forderungen also einen indirekten Rechtsschutz.

Trifft den zum Schneeschippen Verpflichteten nachweislich keine Schuld, kommt unter Umständen die private Unfallversicherung oder Berufsunfähigkeitsversicherung des Verletzten für die Schäden und Kosten auf.


Ausreichend versichert?


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