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Wie flexibel muss meine Baufinanzierung sein?

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In Zeiten von Corona ist einmal mehr klar geworden, wie schnell sich die eigenen Lebensumstände ändern können. Auch eine Baufinanzierung sollte daher Luft für Veränderung lassen. Aber wie flexibel kann und muss das Darlehen sein? Welche Möglichkeiten gibt es und was ist sinnvoll, was überflüssig? Diese Fragen haben wir Lothar Schwarz gestellt, unserem Spezialisten für Baufinanzierung aus Halle.

Macht ihr gerade genau das, was ihr euch vor zehn oder 20 Jahren vorgestellt habt? Vermutlich eher nicht, oder? Selbst wenn man nicht wie ich zur „Ich-will-mich-nicht-festlegen“-Generation Y gehört, passiert eher selten alles genau so wie geplant. Aber was bedeutet das für den Eigenheimkauf und vor allem die Baufinanzierung, die oft über Jahrzehnte läuft? Wie kann man das Darlehen so flexibel gestalten, dass es auch bei größeren Veränderungen noch zur eigenen Lebensplanung passt?

Unser Spezialist Lothar hat eine einfache Antwort: Da der Zinssatz in der Regel festgesetzt ist, lässt sich Flexibilität vor allem über die Tilgung erreichen. Die Höhe der anfänglichen Tilgung wählen Kreditnehmer selbst und zusätzliche Optionen wie Sondertilgungen oder die Option für einen Tilgungssatzwechsel geben Raum für Veränderungen.

1. Flexibilität durch Tilgungssatzwechsel

Manche Banken ermöglichen ihren Kunden, die Tilgung innerhalb der Zinsbindung zwei oder drei Mal kostenfrei zu ändern. In der Regel zahlt man für diese Flexibilität allerdings eine Gebühr. Ob sich das lohnt, hängt ganz von den eigenen Plänen und Vorlieben ab. „Wenn das Gesamtpaket stimmt, spricht nichts gegen diese zusätzliche Flexibilität“, meint Lothar Schwarz. „Aber ich würde das nicht ‚blind‘ einkaufen, denn bei näherer Betrachtung haben solche Wechsel oft wenig praktischen Nutzen. So ist eine Tilgungsanpassung nach unten nur bis zu einem gewissen Mindestsatz möglich – in der Regel zwei Prozent – und weil sich damit die Laufzeit verlängert, prüfen Banken oft noch einmal die gesamte Finanzierung“, gibt er zu bedenken.

Sollte es tatsächlich – wie aktuell in der Corona-Krise – zu einer unvorhergesehenen Notsituation kommen, können Kreditnehmer immer das Gespräch mit der Bank suchen. Oft lässt sich im gemeinsamen Gespräch eine individuelle Lösung ausmachen und Banken können dann auch vertraglich nicht vereinbarte Tilgungsaussetzungen ermöglichen. „Bei zuverlässigen Kunden versuchen die Banken eigentlich immer, eine Lösung zu finden. Denn sie möchten ebenfalls den Kredit weiterführen und sind nicht auf die Immobilie aus.“

2. Flexibilität durch Sondertilgungen

Sondertilgungen sind die bekannteste Art, die Rückzahlung zu beschleunigen: Zusätzlich zur regulären Monatsrate können Darlehensnehmer einen Extrabetrag in die Tilgung stecken. Das sorgt natürlich ebenfalls für Flexibilität. Kommt es zu neuen Einkünften oder entwickelt sich die eigene Finanzsituation besser als geplant, dann lässt sich der Kredit durch die Möglichkeit zur Sondertilgung wesentlich schneller abzahlen. Auch Lothar Schwarz von Dr. Klein sagt: „Jeder Tausender hilft.“ Werden bei einer 15-jährigen Zinsbindung jährlich 1.000 Euro Sondertilgung geleistet, reduziert sich die Restschuld – auch durch zusätzliche Zinseinsparungen – um knapp 17.500 Euro.

Während Sondertilgungen früher nur gegen eine Gebühr möglich waren, können sie jetzt bei vielen Kreditinstituten kostenfrei geleistet werden – üblicherweise einmal im Kalenderjahr und in Höhe von bis zu fünf Prozent des ursprünglichen Darlehensbetrages. Vereinzelt gibt es sogar Bankpartner, die mit einem „Revers“-Produkt geleistete Sonderzahlungen wieder auszahlen, oder den Kreditnehmern Sondertilgungen in beliebiger Höhe gestatten. Aber: „Diese Freiheiten sind natürlich nicht kostenfrei, sondern oft mit einem höheren Zinssatz verbunden“, erläutert Lothar Schwarz.

Ein Tipp: Ob der Darlehensvertrag mit der Möglichkeit der kostenlosen Sondertilgung tatsächlich das günstigste Angebot ist, lässt sich am besten anhand des Effektivzinssatzes mit anderen Banken vergleichen. In einigen Fällen wurden die Mehrkosten für die Sondertilgung bereits in Form von höheren Zinssätzen verrechnet.

Übrigens lässt sich auch das Baukindergeld für Sondertilgungen nutzen. Familien erhalten für den Erwerb von Wohneigentum 1.200 Euro Baukindergeld pro Kind und Jahr – und das zehn Jahre lang. In Bayern gibt es mit dem Baukindergeld Plus pro Kind sogar noch 300 Euro mehr und dazu eine einmalige Eigenheimzulage von 10.000 Euro. Dieses zusätzliche Einkommen lässt sich optimal in die Sondertilgung stecken.

3. Flexibilität durch Sonderkündigungsrecht

Eure aktuelle Baufinanzierung läuft zehn Jahre oder länger? Prima! Gemäß § 489 BGB habt ihr ein Sonderkündigungsrecht: Ihr könnt nach 10 Jahren jederzeit mit einer Frist von sechs Monaten kostenlos kündigen und eine Anschlussfinanzierung vereinbaren − selbst wenn ursprünglich eine längere Zinsbindung vereinbart war. In dem Zuge lässt sich die Tilgung neu vereinbaren, ohne dass zusätzliche Gebühren fällig werden. Weil das Zinsniveau jetzt wesentlich niedriger liegt als vor einigen Jahren, reduziert sich die monatliche Rate in der Regel auch bei gleichbleibender Tilgung. Wird die Tilgung dagegen hochgesetzt, ist das Darlehen deutlich schneller abgezahlt.

Flexible Baufinanzierung: Das müsst ihr beachten

  1. Finanzierung gut planen: Macht euch einen genauen Plan, wie flexibel eure Baufinanzierung gestaltet sein soll. Wie realistisch sind Sondertilgungen in der Zukunft? Braucht ihr die Flexibilität eines Tilgungssatzwechsel oder reicht die Option, dies mit der Anschlussfinanzierung anzupassen?

    Für besonders sicherheitsorientierte Kreditnehmer sind unter Umständen auch Lösungen mit minimaler Flexibilität und maximaler Planungssicherheit interessant – wie zum Beispiel Volltilgerdarlehen.
  2. Im Fall der Fälle das Gespräch suchen: Sollte es zu einer Notsituation kommen, sucht zuallererst das Gespräch mit eurem Berater. In den allermeisten Fällen lassen sich individuelle Lösungen finden. Es gilt die alte Floskel: Sprechenden Menschen kann geholfen werden.
  3. Neuen Tilgungsplan anfordern: Egal welche Änderung ihr vorgenommen habt, lasst euch einen neuen Tilgungsplan von der Bank zuschicken. Damit erhaltet ihr einen Überblick über die verbleibende Restschuld am Ende der Laufzeit, sodass ihr die Anschlussfinanzierung besser planen können.

Was bedeuten verschiedene Tilgungsraten für Rate und Laufzeit?


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