Architektenhonorar

Architektenhonorar: Wie Bauherrn die Kosten für den Architekten im Griff behalten

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Ein Architektenhaus gilt allgemein hin als teures, ja sogar unbezahlbares Unterfangen. Wer jedoch eher gefrustet aus der achten Musterhaussiedlung herauskommt, sollte über ein Architektenhaus nachdenken. Doch wie viel kostet ein Architekt wirklich? Unsere Redakteurin Bettina ist dem Gerücht um das Architektenhonorar auf die Spur gegangen und hat dazu Architektin Henriette Schreiber befragt.

Wie hoch ist das Architektenhonorar wirklich?

Auf der Suche nach einer Antwort habe ich spaßeshalber eine Umfrage in meinem Freundes- und Bekanntenkreis gestartet. Die Frage war: Würdet ihr ein Architektenhaus bauen? Die erste Antwort, die ich durchweg bekommen habe, war: „Nee, zu teuer“ oder „Das kann sich doch niemand leisten.“ Das war sehr eindeutig. Auf meine Frage: „Was kostet denn ein Architekt, mit wie viel muss ich rechnen?“ konnte mir glatt niemand eine Antwort geben. Dabei bietet ein Architektenhaus eine Reihe von Vorteilen:

  • mehr Individualität
  • Mitbestimmen am Bauprozess
  • Mitgestaltung der Räumlichkeiten
  • Individuelle Auswahl der Baumaterialien

Das dürfte doch seinen Preis wert sein, oder? Wo kein Kläger da kein Richter. Aber wie hoch ist denn nun eigentlich das Architektenhonorar? Das verrate ich zum Einstieg hier: Architektenhonorar: Höhe und Planungablauf.

Eins vorab: um und bei können etwa 30.000 Euro an Mehrkosten für ein Architektenhaus entstehen.

Nun habe ich zwar die Kosten für einen Architekten herausgefunden, doch wie läuft das eigentlich ab, wenn ich ein Haus mit einem Architekten bauen möchte? Darüber habe ich mit einer Expertin gesprochen. Henriette Schreiber arbeitet in Hannover zusammen mit Ihrem Mann Axel Schreiber im Architekturbüro Schreiber. Zusammen bieten sie alle Leistungsphasen des Architekten im Hochbau an, von der Grundlagenermittlung über die Kostenschätzung bis hin zur Bauleitung und der Objektbetreuung nach Fertigstellung. Damit sind sie sehr breit aufgestellt.

Hausgemacht: Hallo Frau Schreiber, schön, dass Sie sich die Zeit für ein Interview genommen haben. Lassen Sie uns gleich anfangen: Angenommen, ein Kunde kommt ins Büro und möchte ein Eigenheim von Ihnen planen lassen: Wie sieht ein typischer Ablauf aus?

Henriette Schreiber: Zu Beginn erkundigen wir uns nach dem Anliegen des Bauherrn. Was soll geplant/ gebaut/ verändert werden, und warum? In diesem Gespräch lernen wir den Bauherrn kennen und versuchen seine Wünsche einzuordnen und zu werten. Man bespricht die Lage des Bauortes, die Art der Nutzung, welche Bedürfnisse erfüllt werden müssen, wann das Ganze realisiert werden soll, etc. So lernt auch der Bauherr uns kennen. Im ersten Gespräch geht es weniger um das Architektenhonorar, sondern sehr um Empathie: Kann der Bauherr dem Architekten gegenüber ein Vertrauen aufbauen? Können wir dem Bauherrn unsere architektonische Ausdrucksform vermitteln?

Hausgemacht: Vertrauen und Kommunikation zwischen einem Architekten und dem Kunden bzw. Bauherrn sind ja Voraussetzung, damit das Bauvorhaben auch gelingt. Wie geht es dann weiter?

Henriette Schreiber: Wir vereinbaren einen gemeinsamen Termin, um die Örtlichkeiten zu begehen. Das Thema Baukosten wird meist vorab nur angesprochen. Erst mit der Aufstellung des Angebots für das Architektenhonorar als grobe Zusammenstellung bekommt der Bauherr eine Summe vorgestellt. Hier muss im späteren Ablauf ein gemeinsamer Nenner zwischen dem gewünschten Bauvolumen und dem zur Verfügung stehenden Budget gefunden werden.

Hausgemacht: Und worauf basiert ihr Angebot dann genau?

Henriette Schreiber: Für das Angebot des Architektenhonorars liegt ein Wert zugrunde, ermittelt aus den geschätzten anrechenbaren Baukosten. Das Ganze wird mit einer Grobkostenschätzung aufgestellt, basierend auf den Angaben des Baukostenindex (BKI). Das Honorar der Architekten orientiert sich immer nach der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI). Für besondere Leistungen, Nachträge, o.ä. können auch Stundensätze vereinbart werden. Abweichungen, Sondervergütungen, frei verhandelbare Honorare sind hier ebenfalls geregelt.

Hausgemacht: Laut der Honorarordnung gibt es einen Mindestpreis und einen Höchstpreis. Kann es auch passieren, dass der Architekt sein Honorar höher oder niedriger ansetzt? Wenn ja, wann?

Henriette Schreiber: Das liegt im Ermessen des Architekten. Wenn er den Aufwand seiner Tätigkeiten als höher oder niedriger einschätzt, kann das ein Kriterium sein, das Architektenhonorar zu variieren. Das ist Verhandlungssache.

Hausgemacht: Welche Unterlagen sollte ein Kunde beim ersten Termin mitbringen? Wie kann der Kunde sich auf den ersten Termin vorbereiten?

Henriette Schreiber: Er sollte genaue Vorstellungen haben und seine Bedürfnisse, Wünsche und Zukunftspläne mit seinem Partner, Ehepartner, seiner Familie und allen Nutzern sozusagen abgestimmt und konkret festgelegt haben. Sofern der Bauherr Zeichnungen, Bestandspläne, Grundrisse, Lagepläne, alte Baugenehmigungen vorliegen hat, sollte er diese dem Architekten zur Verfügung stellen.

Hausgemacht: Bevor ein Haus überhaupt gebaut werden kann, sollte man ein Grundstück kaufen, auf dem es steht. Helfen Sie bei der Suche nach einem Grundstück oder muss der Kunde bereits eins besitzen?

Henriette Schreiber: Nein, dabei helfen wir nicht. Der Bauherr ist bei uns bereits Eigentümer des Grundstücks.

Hausgemacht: Während der Planung kann es durchaus dazu kommen, dass ein Kunde etwas bauen lassen möchte, was im Bebauungsplan der Region nicht vorgesehen ist. Beispielsweise möchte er ein Haus mit Flachdach haben, es sind jedoch nur Spitzdächer zulässig. Wird das von Ihnen berücksichtigt, oder muss der Kunde sich allein durch die Regularien kämpfen?

Henriette Schreiber: Nein, das muss er nicht. Das betrifft die zweite Leistungsphase, die Vorplanung und ist im Architektenhonorar inbegriffen. Hier überprüfen wir die baurechtlichen Gegebenheiten.

Hausgemacht: Wenn nun so ein Haus geplant ist, braucht es Handwerker, die dieses Gebäude in die Tat umsetzen. Unterstützen Sie auch bei der Beauftragung der Bauunternehmen?

Henriette Schreiber: Ja, wir empfehlen oft Bauunternehmen und fordern diese gemeinsam mit dem Bauherrn auf, ein Angebot für die gewünschte Bauleistung abzugeben. Um die Angebote vergleichen zu können, erstellen wir Leistungsverzeichnisse, in dem die gewünschte Bauleistung genau beschrieben wird. Die von den Unternehmen abgegebenen Angebote werden geprüft und gewertet und dem Bauherrn mit einer Empfehlung übergeben. Beauftragt wird das Unternehmen, für das sich der Bauherr entscheidet.

Hausgemacht: Nun ist der Bau schon in vollem Gange. Da fällt dem Bauherrn plötzlich ein, dass er noch diese oder jene Änderung haben möchte. Wie lange können noch Änderungen vorgenommen werden und inwieweit beeinflusst das das Architektenhonorar?

Henriette Schreiber: Tatsächlich können noch Änderungen vorgenommen werden, bis die jeweilige Baumaßnahme abgeschlossen ist.

Je später die Entscheidung an uns herangetragen wird, desto mehr steigt das Architektenhonorar. In der Entwurfsphase ist da deutlich mehr Spielraum.

Doch wenn ein Entwurf nach dem dritten Mal noch mal grundlegend geändert werden soll, spricht man schon mal zusätzliche Planungskosten an.

Hausgemacht: Die einzelnen Leistungsphasen eines Architekten können grob in eine Planungs- sowie eine Bauphase unterteilt werden. Wie viel Zeit sollte maximal zwischen der Planung eines Neubaus und dem tatsächlichen Bau liegen?

Henriette Schreiber: Je besser eine Hausbauplanung von vorneherein ist, desto weniger Störungen gibt es im Bauablauf. Natürlich ist die Planungsphase direkt abhängig vom Umfang des Bauvorhabens. Je komplexer eine Baumaßnahme ist, desto länger muss geplant werden. Dazu kommen noch die Planungsphasen der beteiligten Fachplaner, und ein derzeit leider nicht mehr kalkulierbarer Zeitfaktor: die behördlichen Genehmigungen.

Hausgemacht: Nehmen wir an, es wird ein Architektenhaus geplant. Erst sechs Monate später geht es in die Bauphase. Bis dahin sind eventuell die Preise für einige Baumaterialien gestiegen. Könnte dadurch das Architektenhonorar steigen? Gibt es Festpreise mit Bauunternehmen?

Henriette Schreiber: Das hängt alles von der Art der Beauftragung ab. Gemäß der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) wird das Architektenhonorar nach der Kostenberechnung ermittelt. Da es aber im Zuge der Baumaßnahme immer zu Änderungen und Mehrkosten kommt, müssen alle Änderungen und die damit verbundenen Mehraufwendungen als Nachträge honorarmäßig ermittelt werden. Das ist im Ablauf kaum händelbar. Wenn der Bauunternehmer beauftragt ist, sind seine Preise bindend. Nur, wenn die Bauzeiten vertraglich festgelegt wurden und es zu einem Bauverzug kommt, kann der Bauunternehmer Materialkostenerhöhungen geltend machen. Diese müssen aber vorher angekündigt und belegt werden.

Hausgemacht: Was raten Sie unseren Lesern, um eine Kostensteigerung bei den Baukosten möglichst zu verhindern?

Henriette Schreiber: Der Architekt sollte den Bauherrn darauf aufmerksam machen, dass die Baupreise sich nach den Marktentwicklungen richten. Im Vergleich zum Vorjahr sind die Baukosten um fast fünf Prozent* gestiegen. Zurzeit wird derart viel gebaut, dass es schon schwierig wird, überhaupt Unternehmen zu finden, die an einer Ausführung interessiert sind und dann noch halbwegs wirtschaftliche Angebote abgeben

Hausgemacht: Wann genau kann es denn zu einer Steigerung des Architektenhonorars kommen?

Henriette Schreiber: Gehen wir vom Ablauf aus, erfolgt zunächst die Entwurfsplanung inklusive Kostenberechnung auf Grundlage von marktüblichen Preisen der letzten Bauvorhaben oder von Vorangeboten. Anschließend folgt die Baugenehmigungsphase, die auch einige Zeit in Anspruch nimmt. Werden nach der Genehmigungsphase die Bauunternehmen beauftragt, kann es in der Zwischenzeit zu Preiserhöhungen gekommen sein. Diese Situation bringt uns Architekten immer in eine missliche Lage. Es ist nicht möglich, dem Bauherrn eine Kostenberechnung zu garantieren, die bis zum Ende der Baumaßnahme hält. Es hüte sich der Architekt vor vertraglich vereinbarten Kostengarantien.

Hausgemacht: Nun noch eine letzte Frage: Wer haftet, wenn auf der Baustelle etwas schief geht?

Henriette Schreiber: Das hängt davon ab, was schiefläuft und wer der Verursacher ist. Bei Planungsfehlern zum Beispiel, wenn der Architekt etwas gegen den Wunsch des Bauherrn plant, muss dann unter Umständen nachgebessert und umgeplant werden. Ändert der Bauherr dagegen seinen Wunsch, muss der Bauherr in einem gewissen Planungsstand den Aufwand für die Planungsänderung bezahlen. Bei der Objektüberwachung sind dann mehrere Beteiligte dabei.

Hausgemacht: Vielen Dank für das Interview!

*Gemäß Baupreisindex werden die Baukostensteigerungen zwischen 4/2017 und 4/2018 mit 4,7 Prozent angegeben.


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