Altbausanierung: Architektin Inke Paulsen

Altbausanierung? Nicht ohne meinen Architekten!

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Dielenböden und Stuckverzierung – Altbauten haben das gewisse Etwas, aber häufig auch den gewissen Sanierungsbedarf. Für die Architektin Inke Paulsen ist das aber kein Grund, von einem Kauf Abstand zu nehmen: Ihre Leidenschaft ist die Altbausanierung. Warum ein Architekt dabei so wichtig ist, wie Denkmalschutz zum Gewinn wird und weitere Tipps, verrät sie im Interview.

Neubau oder Altbau? Das ist oft die Gretchenfrage für Immobilienkäufer. Hohe Decken, Stuck, Holzböden und der historische Charme – damit können Altbauten punkten, aber sie sind meist auch mit Reparaturen, Sanierung und Denkmalschutz verbunden. Gründe, um vor dem Kauf eines Altbaus zurückzuschrecken? Nicht für Inke Paulsen. Sie ist freischaffende Architektin in Lübeck und hat sich auf Altbausanierung spezialisiert. Von der Windmühle aus dem 19. Jahrhundert bis zum spätklassizistischen Gebäude unter Denkmalschutz – sie hat bereits die verschiedensten Sanierungsprojekte von der Planung bis zur Umsetzung begleitet. Wie ein Architekt bei der Altbausanierung Zeit und Geld sparen kann, warum die Angst vorm Denkmalschutz unbegründet ist und ihre Spezialisten-Tipps verrät sie unserer Redakteurin Anne im Interview.

Hausgemacht: Meine erste Assoziation zu Architekten ist: „Neue Häuser bauen“. Aber das machen Sie gar nicht. Warum beschäftigen Sie sich lieber mit Häusern, die andere entworfen und gebaut haben?

Inke Paulsen: Für mich ist es interessanter, aus einem bestehenden Haus etwas Neues zu machen, als auf der grünen Wiese einen Neubau zu planen. Die schönen Materialien – wie alte Dielenböden, Kassettentüren und Holzfenster – das regt meine Fantasie an. Früher wurde einfach schöner und wertiger gebaut. Zudem finde ich die Zusammenarbeit mit alten Handwerkskünsten spannend: Stuckateure, Terrazzoleger… das sind irgendwie besondere Menschen, die an Altbauten arbeiten.

Hausgemacht: Welche Vorteile haben Altbauten – nicht nur für Architekten, sondern auch für die Immobilienkäufer?

Inke Paulsen: Die alten Häuser haben mit ihrer Geschichte ein eigenes Feeling. Meist ist auch die Lage mit gewachsenen Strukturen und der Nähe zum Zentrum attraktiver als im Neubaugebiet. Altbauten lassen sich zudem besser vermieten.

Hausgemacht: Ein Altbau, der saniert werden muss, ist aber nur etwas für Käufer, die viel Zeit mitbringen, oder?

Inke Paulsen: Nicht unbedingt. Ein Altbau kann zum Beispiel auch ein Projekt für Familien mit Kindern sein, die wenig Zeit haben. Es ist dann nur wichtig, einen Spezialisten zu engagieren, der den Überblick behält. Ein Architekt kann hier das komplette Planungsprogramm übernehmen: Die Kostenkalkulation, den Zeitplan und inhaltliche Aspekte, wie Entwürfe, Bauanträge und auch die Ausführungspläne. Ich finde es als Architektin besonders interessant, alle Phasen zu betreuen – von der Idee am Anfang bis zur Bauleitung am Ende. Nichtsdestotrotz sollte sich aber jeder vor dem Kauf ernsthaft überlegen: Bin ich ein „Altbau- oder Neubau-Typ“? Will man auf einer Baustelle wohnen? Oder lieber doch ein Haus im Katalog shoppen?

Hausgemacht: Ich bin ganz klar ein „Altbau-Typ“. Wenn diese Entscheidung feststeht, was kommt dann als Nächstes?

Inke Paulsen: Derzeit besteht das Problem, dass es zu wenig zu kaufen gibt. Dadurch kaufen viele die falschen Häuser. Immobilien, die nicht zu ihnen passen, bei denen sie die Mängel nicht kennen oder wo ihnen die Kosten über den Kopf wachsen. Eine Beratung vorab ist sehr wichtig! Ich biete immer an, mit zur Besichtigung zu kommen. Lieber ein paar hundert Euro dafür ausgeben, dass ein Architekt als Experte dabei ist, als hinterher in die Kostenfalle tappen.

Hausgemacht: Haben Sie das in der Praxis erlebt?

Inke Paulsen: Ja, das kommt leider vor. Ein Pärchen beispielsweise hatte sich ein älteres Haus mit Anbau gekauft. Den Anbau wollten sie vermieten – darauf basierte ihre gesamte Finanzierung. Aber: Der Anbau war nicht genehmigt und auch nicht genehmigungsfähig. Ein riesiges Problem, das mit einem Architekten hätte vermieden werden können. Man braucht vorab unbedingt jemanden, der sich die Bauakte anschaut und diese versteht.

Hausgemacht: Wie können Altbau-Interessenten im Vorfeld die Kosten für eine Sanierung am besten abschätzen? Hilft da ein Blick in eine Kostentabelle?

Altbausanierung mit Architekt: Spezialistin Inke Paulsen

Inke Paulsen: Allgemeine Kostentabellen sind ein erster Anhaltspunkt. Ich empfehle aber, vorher einen Architekten dazu zu holen für die Kostenabschätzung. Aus meiner Sicht sind Erfahrungswerte und der Vergleich zu bisherigen Projekten die entscheidende Grundlage für die Kalkulation. Ganz wichtig ist es, immer einen Puffer einzuplanen. Besonders bei Altbauten besteht die Gefahr von versteckten Kosten, wenn beispielsweise doch ein Schwammbefall entdeckt wird. Es sollten etwa zehn Prozent der Investmentsumme für solche Fälle eingeplant werden. Wenn Altbaubesitzer eine komplette Sanierung finanziell nicht stemmen können, können sie auch ein Budget festlegen und dann gemeinsam mit dem Architekten schauen, welche Sanierungsmöglichkeiten es mit dem begrenzten Rahmen gibt.

Hausgemacht: Und besonders teuer wird es dann, wenn auch noch der Denkmalschutz ins Spiel kommt, oder?

Inke Paulsen: Das würde ich so nicht sagen. Die Angst vor dem Denkmalschutz ist unbegründet. Im Gegenteil: Denkmalschutz kann sehr bereichernd sein. Ich habe schon mehrfach Kunden beraten, ihr Haus aktiv unter Denkmalschutz stellen zu lassen.

Hausgemacht: Wo sehen Sie die Vorteile bei einer Sanierung mit Denkmalschutz?

Inke Paulsen: Zum einen ist es eine fachliche Bereicherung: In der Diskussion mit der Feuerwehr zum vorbeugenden Brandschutz ist es häufig vorteilhaft, wenn ein Gebäude unter Denkmalschutz steht. Es werden dann gemeinsame Lösungen gefunden, die für alle Bereiche vertretbar sind. Zum anderen bringt der Denkmalschutz auch finanzielle Pluspunkte: Es gibt steuerliche Vorteile und auch Förderprogramme – beispielsweise von der KfW, der Deutschen Stiftung Denkmalschutz oder auch von regionalen Förderern wie dem Denkmalfonds Schleswig-Holstein, der Lübecker Possehl-Stiftung oder auch von den Städten selber, wie vom Bereich Denkmalpflege in Lübeck.

Hausgemacht: Welche Tipps haben Sie darüber hinaus für alle, die eine Sanierung in Angriff nehmen wollen?

Inke Paulsen: Ich kann nur empfehlen sich mal beim „Tag des offenen Denkmals“ von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz umzuschauen: Hier gibt es die Möglichkeit, Baustellen oder fertige Projekte zu besichtigen und sich bezüglich der Sanierung auszutauschen. In der Hinsicht ist auch der „Tag der Architektur“ von Architektenkammer eine interessante Veranstaltung, um sich ähnliche Projekte anzuschauen und Fragen zu stellen. Zudem vernetze ich gerne die Bauherren, die ich kenne, untereinander für den gemeinsamen Erfahrungsaustausch.

Hausgemacht: Vielen Dank für das Interview, Frau Paulsen!


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