Zinskommentar September 2019: Ist Sparen für ein eigenes Haus aktuell noch möglich?
Lübeck, 25. September 2019. Die wirtschaftliche Schwäche hält an und die EZB hat ihre Geldpolitik jüngst noch weiter gelockert. In der aktuellen Lage rutschen zum einen die Guthabenzinsen in den Keller, zum anderen erreichen auch die Kreditzinsen immer neue Rekord-Tiefstände. Wir stellen uns daher die Frage: Lohnt es sich überhaupt noch, Eigenkapital für das Haus anzusparen?


Keine guten Nachrichten für Sparer: EZB lockert Geldpolitik erneut
Er hat es wieder getan: Auf der EZB-Sitzung im September hat der scheidende EZB-Präsident Mario Draghi noch einmal durchgegriffen. Die Währungshüter senkten den Einlagezins weiter ins Minus und kündigten neue Anleihekäufe an. Gleichzeitig ließ Draghi anklingen, dass die EZB über zahlreiche weitere Instrumente verfügt und dazu bereit ist, sie im Zweifelsfall einzusetzen.
Mit ihren Maßnahmen stemmt sich die EZB gegen den Wirtschaftsabschwung und macht ihre ohnehin offenen Geldschleusen noch ein Stück weiter auf. Treue Sparbuchbesitzer reagieren auf diese Meldung vermutlich mit Schnappatmung: Einige Experten gehen mittlerweile davon aus, dass uns die Niedrigzinsphase noch über mehrere Jahre begleiten dürfte. Wer für ein eigenes Haus sparen möchte, sollte sein Geld daher aktuell nicht einfach auf die hohe Kante legen – denn selbst ohne die viel diskutierten Negativzinsen entwertet die Inflation kontinuierlich unsere Sparschwein-Inhalte.
Diskussion um Minuszinsen: Geben Banken die negativen Zinsen an Sparer weiter?
Problematisch ist die Zinsentwicklung nicht nur für Menschen, die für ein eigenes Haus sparen möchten, sondern auch für Banken selbst. Der Einlagezins wurde bereits im Jahr 2014 in den negativen Bereich gesenkt. Seither zahlen die Kreditinstitute jährlich rund 7,5 Milliarden Zinsen dafür, dass sie überschüssige Gelder bei der EZB parken. In der aktuellen Sitzung senkte die EZB diesen Zinssatz von bisher -0,4 auf -0,5 Prozent. Das bedeutet: Noch mehr Strafzinsen für Banken. Durch diese Maßnahme soll die Kreditvergabe im Euroraum angeheizt und die Konjunktur wieder angekurbelt werden. „Grundsätzlich sind Banken durchaus unterschiedlich vom negativen Einlagezins betroffen“, erklärt Michael Neumann, Vorstandsvorsitzender von Dr. Klein. „Kreditinstitute mit hohem Einlageüberhang wie Sparkassen oder genossenschaftliche Banken trifft der sogenannte Strafzins überproportional.“
Sparer fürchten nun, dass Banken die Negativzinsen an sie weitergeben könnten. Michael Neumann hält das allerdings für unwahrscheinlich: „Eine direkte Belastung für Sparer sehe ich nicht. Hier hat die Politik einen Warnschuss abgegeben, indem sie schon vorsorglich darüber diskutiert, Negativzinsen für Sparer per Gesetz einzuschränken.“
Leben mit dem Nullzins: Wie lässt sich trotzdem Eigenkapital für das eigene Haus ansparen?
Auch wenn sich das Szenario „Negativzinsen für Sparer“ vermutlich nicht erfüllen wird, die Nullzinsen dürften uns noch eine ganze Weile begleiten. Was also tun, wenn Sparbuch, Tages- und Festgeldkonten so gut wie keine Rendite versprechen, das Eigenkapital aber noch nicht für die Wunschimmobilie reicht? Eine allgemeingültige Antwort auf diese Frage ist nicht leicht: Welche Geldanlage aktuell die richtige ist, hängt auch von der individuellen Situation und der eigenen Risikobereitschaft ab. Generell gilt leider: Je höher das Risiko einer Anlage, desto größer sind auch die möglichen Renditen. Hochrisikoanlagen wie etwa Nachrangdarlehen versprechen zwar hohe Zinsen – demgegenüber steht allerdings auch das Risiko des Totalverlustes. Wer dagegen auf eine sichere Anlage wie die deutsche Bundesanleihe setzt, der hat zwar nahezu kein Ausfallrisiko, aber eben auch keine Rendite.
Für die meisten liegen sinnvolle Anlagemöglichkeiten irgendwo in der Mitte dieser beiden Extreme: Ein gewisser Anteil der eigenen Mittel sollte immer in sicheren Tages- und Festgeldkonten liegen. Auch wenn sie keine oder kaum Rendite bringen, sind die Gelder zumindest durch die europäische Einlagensicherung geschützt und damit praktisch ohne Risiko. Der Vorteil von Tagesgeld ist zudem die sofortige Verfügbarkeit, falls zum Beispiel einmal das Auto oder die Waschmaschine kaputt gehen sollten. Je nach Risikoaffinität kann dann ein kleiner, mittlerer oder größerer Anteil des eigenen Vermögens in weitere Anlagen investiert werden. Die meisten Experten empfehlen aktuell Indexfonds, auch unter dem Namen ETF bekannt – zum Beispiel den MSCI World. Dies ist ein sehr breit gestreuter Weltindex, der die Wertentwicklung von mehr als 1.600 Unternehmen aus 23 Ländern abbildet.
Comeback des Bausparvertrages: Mit dem Klassiker für das Eigenheim sparen?
Wer nicht für eine eigene Immobilie spart, braucht beim Wort „Bausparvertrag “ eigentlich nicht weiterlesen. Ohne den Wunsch nach einem Eigenheim lohnt sich Bausparen aktuell nicht. Bauspar-Kunden erhalten häufig gerade einmal 0,1 Zinsen. Interessant wird das Bausparen derzeit allerdings aufgrund eines ganz anderen Vorteils: Ein Bausparvertrag ist im Grunde genommen eine Versicherung gegen steigende Hypothekenzinsen. Der zu Beginn vereinbarte Zinssatz wird über die gesamte Vertragslaufzeit festgeschrieben. Das kommt sowohl denjenigen zugute, die einen späteren Immobilienerwerb planen, als auch allen Immobilienbesitzern, bei denen eine Anschlussfinanzierung oder Modernisierung ansteht.