Immobilienmakler: Stimmen die Klischees?

Tipps von der Maklerin: von der Haussuche bis zum Kauf

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Im ersten Teil des Interviews hat Ramona Irlich, Maklerin bei Otto Stöben in Lübeck, schon viel über das Makler-Dasein, ihre Erfahrungen und das Thema Provision gesprochen. Jetzt geht es um Tipps für Leute, die eine Immobilie suchen: Wie bereite ich mich auf Besichtigungstermine vor, was hilft dabei, die Immobilie zum Schluss auch wirklich zu bekommen?

Hausgemacht: Liebe Frau Irlich, bevor wir unser Gespräch fortsetzen, kurz vorweg: Gerade sind es ja sehr unruhige Zeiten, das Corona-Virus stellt alles auf den Kopf – und das betrifft ja auch Sie als Maklerin. Wie ist denn die aktuelle Situation: Finden noch Besichtigungstermine statt?

Ramona Irlich: Ja, das tun sie, allerdings sehr eingeschränkt. So vermeide ich zum Beispiel Gruppen oder Besichtigungen mit mehreren Interessenten. Und ich vereinbare auch keine Termine mehr mit ganzen Familien. Wenn das Objekt sehr klein ist, dann gehe ich auch nicht mehr mit rein, sondern achte darauf, einen großen Abstand einzuhalten.

Hausgemacht: Und was ist mit Notarterminen während der Corona-Krise?

Ramona Irlich: Das ist von Notar zu Notar unterschiedlich, aber es werden noch Termine gemacht. Ich wäge in jedem Fall ab, ob ich vor Ort anwesend sein muss. Letzte Woche war ich zum Beispiel per Telefon zugeschaltet und konnte so Fragen beantworten, die währenddessen aufkamen – das ging auch.

Hausgemacht: Die Situation ist ja neu und niemand weiß, wie sie sich entwickeln wird. Aber sie wird hoffentlich bald überstanden sein. Reden wir also über den „Normalfall“:  Wie lange dauert es, bis Ihre Kunden ihre Immobilie finden?

Ramona Irlich: Das ist ganz unterschiedlich und typabhängig. Ich treffe ab und zu Leute nach einem Jahr wieder, oder auch mal nach zwei Jahren. Es gibt gewiss auch den „ewig Suchenden“, der in zehn Jahren nichts findet. Das ist aber unter anderem davon abhängig, ob der Kunde „seine“ oder „eine“ Immobilie sucht.

Hausgemacht: Wie groß muss ich mir die „Konkurrenz“ vorstellen: Wie viele Leute besichtigen denn ein Objekt?

Ramona Irlich: Zwischen einem und 70 ist alles dabei. Bei sehr vielen Besichtigungen sind das oft Immobilien mit einem Haken – beispielsweise ein viel zu hoher Kaufpreis. Der aber nicht uns geschuldet ist, unserer Analyse und Vorarbeit, sondern es gibt Kunden, die einen bestimmten Preis erwarten, den die meisten Interessenten nicht mehr mitgehen und die der Immobilie nicht denselben Wert beimessen. Dafür muss ich dann einen Käufer finden, der genau das Haus an genau dem Fleck Erde haben will – und hier kommt besonders eine emotionale Komponente ins Spiel. Im Schnitt würde ich sagen, dass sich 15 bis 20 Interessenten die Wohnung oder das Haus ansehen.

Hausgemacht: Was können Suchende tun, um ihre Chancen beim Makler beziehungsweise auf die Immobilie zu vergrößern?

Ramona Irlich: Eine freundliche, zielgerichtete Anfrage mit der richtigen Immobilie im Betreff ist schonmal ein guter Start. Gerne können gleich schon ein paar Termine vorgeschlagen werden, die am besten zu einigermaßen regulären Zeiten liegen – und bei Immobilien mit Grundstück am besten im Tageslicht. Was auf jeden Fall immer hilft, ist eine formlose Bestätigung von der Bank oder dem Kreditvermittler: Wir sind bereit, für den Kunden xy die Finanzierung in der und der Höhe zu begleiten. Oder, wenn Vermögen vorhanden ist, ein entsprechender Nachweis. Ich bekomme immer häufiger mit, dass Kunden sich nicht nur mit der Hausbank beraten, sondern auch Vermittler anfragen, die einen großen Marktüberblick haben.


Mit einer generellen Finanzierungszusage geht es immer schneller und ich würde sagen, dass sie mittlerweile eigentlich eine Voraussetzung ist, um beim Zuschlag die Nase vorne zu haben.

Ramona Irlich

Hausgemacht: Heißt das: Es macht keinen Sinn, unvorbereitet zu einer Besichtigung zu kommen?

Ramona Irlich: Nein, das finde ich nicht. Jeder fängt ja mit der ersten Besichtigung an, und zu Beginn weiß man einfach nicht, was auf einen zukommt und was am besten geklärt sein muss. Daher ist es völlig in Ordnung und ganz normal, sich erst einmal „nur so“ zu informieren und sich heranzutasten. Wer gänzlich unvorbereitet kommt, muss allerdings davon ausgehen, dass jemand anderes den Zuschlag bekommt, der schon alles parat hat.  Aber damit steigt die Lernkurve und beim nächsten Mal ist man schon zielgerichteter. 

Hausgemacht: Welche Rolle spielen die Fotos im Exposee, worauf sollten Suchende da achten?

Ramona Irlich: Naja, es gibt ja Methoden, mit denen man Kunden motivieren kann, sich das Objekt anzuschauen – Stichwort Homestaging. Ich halte davon nur bedingt was: Ich verkaufe das Objekt lieber authentisch mit realistischen Fotos, sodass der Kunde weiß, worauf er sich einlässt. Für mich macht es keinen Sinn, wenn ich eine Immobilie mit starkem Renovierungsstau habe und da einen Tisch reinstelle mit einer weißen Tischdecke drauf, zwei Croissants, einem Glas frisch gepresstem Orangensaft und einem schönen Strauß Tulpen in der Mitte. Im Zweifelsfall spricht das Kunden an, die diese Immobilie gar nicht braucht. Ich mache sehr gute Erfahrungen mit realistischen Fotos und ehrlichen Angaben, auch zum Investitionsbedarf.

Hausgemacht: Sie sind vom Verkäufer ja beauftragt, das meiste herauszuholen – haben Sie da manchmal ein schlechtes Gewissen, wenn der Preis über dem eigentlichen Wert liegt?

Ramona Irlich: Nein, tatsächlich nicht, weil: Den Wert bestimmt die Nachfrage. Wichtig ist ein ehrliches Exposee. Und wenn da steht, dass der Keller nass ist oder es Belastungen wie zum Beispiel Wegerechte gibt, dann weiß ja jeder, woran er ist. Und wenn dann jemand noch weit über den ausgeschriebenen Preis gehen will, habe ich da keine Aktien drin. Der Kunde entscheidet, was ihm das Haus oder die Wohnung wert ist und ob er den vorgeschlagenen Preis überbieten will. Letztendlich entscheidet der Verkäufer, an wen die Immobilie geht. Hin und wieder gibt es auch welche, die nach Sympathie entscheiden, aber im Allgemeinen erhält schon der Höchstbietende den Zuschlag. Das ist aus meiner Sicht auch völlig legitim.

Hausgemacht: Und wie viel Zeit haben die späteren Käufer, um die finale Zusage für das Immobiliendarlehen von der Bank zu bekommen? Die Bearbeitung dauert manchmal ja etwas – ist das ein Problem für Sie?

Ramona Irlich: In eigentlich allen Fällen liegt eine Nicht-Objekt-gebundene Zusage der Bank schon vor. Die ist erst einmal ausreichend für mich. Wenn es dann noch einmal ein oder zwei Wochen dauert, bis die finale Bestätigung da ist, ist das in Ordnung. Ich persönlich bin auch keine Freundin davon, sofort am nächsten Tag zum Notar zu gehen. Der Käufer braucht immer ein oder zwei Tage, den Vertrag zu lesen und soll ihn auch verstehen – dafür sollte man sich Zeit nehmen und gegebenenfalls auch nochmal Feedback von jemandem einholen, der sich mit sowas auskennt. Der Käufer geht ja nicht jeden Tag zum Notar. Für mich ist 14 Tage ein guter Zeitrahmen, so kann der Termin entspannt stattfinden und der Käufer hat das gute Gefühl, dass er alles ausführlich verstehen und klären konnte.


Meine Erfahrung gibt mir Recht: Der Verkauf ist noch nie daran gescheitert, dass ich nicht sofort am nächsten Tag den Notartermin gemacht habe. Zu lange sollte man sich allerdings auch nicht Zeit lassen.

Ramona Irlich

Hausgemacht: Lassen Sie uns über die Courtage sprechen: Wie hoch ist die Maklerprovision?

Ramona Irlich: Das ist noch nicht einheitlich geregelt und jeder Makler kann das zurzeit für sich entscheiden. In Schleswig-Holstein ist es üblich, vom Verkäufer und vom Käufer jeweils 3,5 Prozent zu nehmen oder die Provision sogar ausschließlich vom Käufer zu fordern. Wir berechnen die Courtage nur dem Verkäufer und liegen mit unserem Satz unter sechs Prozent inklusive Umsatzsteuer.

Hausgemacht: Die Courtage wird ja prozentual bemessen, bei einer teuren Immobilie bekommen Sie also automatisch mehr, auch wenn nicht mehr Arbeit angefallen ist. Finden Sie das fair?

Ramona Irlich: Ich wüsste nicht, was alternativ für ein Modell angemessen wäre. Denn ein Stundenlohn wäre nicht zielführend, da könnte ich im Vorfeld keine seriöse Kalkulation anbieten, weil der Aufwand individuell stark variiert. Eine pauschale Summe unabhängig vom Erfolg kann es ja auch nicht sein. Nach Intensität des Arbeitsaufwandes vielleicht – aber wer soll das festlegen, wie ist das messbar? Insofern: Ja, ich finde das fair. Die Provision wird ja nur fällig, wenn es zum Verkauf kommt, also bei Erfolg, und wenn der Kunde mit allem einverstanden ist. Insofern ist das verdient. Der Auftraggeber kennt ja die Konditionen und hat die Möglichkeit, die Immobilie selbst zu verkaufen – wodurch natürlich einige Kosten auf ihn zukommen, die bei einem Verkauf mit einem Makler durch die Courtage gedeckt wären.

Hausgemacht: Aktuell ist eine gesetzliche Vorlage in Arbeit, nach der die Maklerprovision auf beide Parteien aufgeteilt werden soll. Was halten Sie von der Halbe-halbe-Regelung?

Ramona Irlich: Das machen ja jetzt schon sehr viele Makler, bei Stöben ist es aber seit jeher Unternehmenstradition, mit der Verkäuferprovision zu arbeiten – also nach dem Bestellerprinzip. Ich persönlich finde das auch sinnvoll: Die meiste Arbeit erledigen wir für den Verkäufer und der Kontakt mit dem späteren Käufer ist nur ein kleiner Bruchteil. Mein persönliches Ziel ist, dass beide Parteien mit dem Verkauf zufrieden sind. Aber ich finde es schwierig, beide Grundinteressen gleichzeitig zu vertreten – und das wäre ja der Auftrag, wenn sowohl Käufer als auch Verkäufer mich bezahlen. Denn sie haben diametral entgegengesetzte Interessen: Der Verkäufer möchte möglichst einen hohen Preis erzielen, der Käufer will in der Regel so wenig wie möglich zahlen. Deswegen finde ich es immer besser und klarer, für nur einen Auftraggeber zu arbeiten.

Hausgemacht: Haben Sie abschließend noch ein, zwei Tipps für zukünftige Immobilienkäufer?

Ramona Irlich: Auf jeden Fall: Nicht entmutigen lassen und ausdauernd sein! Ich empfehle, positiv zu bleiben und nicht zu verzagen, eher zu denken: „Es hat vielleicht auch sein Gutes, warum es dieses Haus nicht geworden ist – dann geht die Suche weiter“. Es ist schließlich nur ein Haus. Und ich rate davon ab, auf die perfekte Immobilie zum perfekten Preis zu warten – man muss bereit sein, Kompromisse einzugehen. Natürlich sollten die möglichst klein sein. Wenn man nach einer Besichtigung eine Nacht darüber geschlafen hat, sollte man seine Entscheidung treffen, da helfen auch drei oder vier Nächte Bedenkzeit nicht. Manchmal bedarf es aber auch nur ein bisschen Phantasie und Kreativität, um sich das noch einmal anders vorzustellen. Den Grundriss kann man oft leicht verändern. Manchmal wird dann sehr schnell das Traumhaus draus!


Wie erhalte ich eine Finanzierungszusage für die Immobiliensuche?


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