Die Covid-19-Pandemie sorgt für Unsicherheit − gerade auch bei jungen Eltern, die eigentlich den Schritt ins Eigenheim wagen wollten. Sie stellen sich in der aktuellen Situation viele Fragen: Ist eine Baufinanzierung noch möglich? Was passiert, wenn ich in Kurzarbeit gehen muss? Wie entwickeln sich die Bauzinsen? Unser Spezialist Jürgen Klaus beantwortet die wichtigsten Fragen im Interview.
Gerade junge Eltern setzen sich oft mit der Frage auseinander, ob die aktuelle Mietwohnung noch zu ihrer Lebenswirklichkeit passt. Ein eigenes Haus, mit Garten und mehr Platz für die Kinder kann da eine sinnvolle Alternative sein. Jürgen Klaus berät oft junge Familien, die von den eigenen vier Wänden träumen − und er kann trotz der aktuellen Unsicherheit Entwarnung geben: Der Kauf eines Eigenheims ist in den allermeisten Fällen weiterhin problemlos möglich. Aber was genau muss man jetzt beachten? Und wie finanziert man den Traum ohne viel Eigenkapital? Jürgen kennt die Finanzierungstrategien und Förderbausteine. Wie junge Eltern damit das meiste herausholen, verrät er im Interview.

Hausgemacht: Jürgen, die Covid-19-Pandemie verunsichert viele junge Eltern. Ist jetzt trotzdem ein guter Zeitpunkt für den Einstieg in die Baufinanzierung?
Jürgen Klaus: Das kommt ganz auf die persönliche Situation an. Junge Eltern mit entsprechenden finanziellen Background und festen Arbeitsverhältnis können auch jetzt unbeschwert die Baufinanzierung starten. Die Kriterien für die Kreditwürdigkeit haben sich nicht verschärft. Makler und Notare arbeiten weiter wie bisher, nur eben digitaler. Allerdings sollten junge Eltern, die Kurzarbeitergeld beziehen oder in großer Unsicherheit leben, die Covid-19-Pandemie besser abwarten oder zumindest in einem Beratergespräch ihre finanziellen Spielräume genau ausloten.
Hausgemacht: Wenn junge Familien jetzt das perfekte Eigenheim finden, was müssen sie ganz konkret in der Baufinanzierung beachten? Was ist jetzt anders als vor der Krise?
Jürgen Klaus: Da die Entwicklung der Bauzinsen momentan schwer einzuschätzen ist, empfehle ich besonders jungen Eltern eine lange Zinsbindung zu wählen − 15 Jahre oder noch länger. Darüber hinaus rate ich ihnen die Option für einen Tilgungssatzwechsel in den Darlehensvertrag aufzunehmen. Manche Banken verlangen dafür nicht einmal einen Zinsaufschlag. Und ein Tilgungssatzwechsel ist immer dann hilfreich, wenn sich die Einkommenssituation ändert − nach oben wie nach unten. Die anfängliche Tilgung sollte zudem mindestens zwei bis drei Prozent betragen. Denn je höher die Tilgung, desto schneller schrumpft die Darlehenssumme.
Die goldene Regel lautet: Die obligatorischen Kaufnebenkosten – also Grunderwerbssteuer, Notar- und Grundbuchkosten – sowie die Maklerprovision sollten aus der eigenen Tasche bezahlt werden.
Jürgen Klaus, Spezialist für Baufinanzierung
Hausgemacht: Woher wissen junge Eltern, wie viel sie sich leisten können?
Jürgen Klaus: Sie sollten sich zunächst in einem Orientierungsgespräch beraten lassen. Die Hausbank kann, muss aber nicht, der erste Ansprechpartner sein. Oft bietet es sich an, eine zweite Meinung einzuholen. Häufig ergeben sich mehr Möglichkeiten, als man am Anfang denkt.
Im Orientierungsgespräch ermittelt der Berater mit den Kunden zusammen den möglichen Finanzierungsrahmen und damit den maximalen Kaufpreis für eine Immobilie. Damit wissen die jungen Eltern, was sie sich maximal leisten können und welche monatliche Rate drin ist. Zudem erfahren sie, was vorab zu tun ist.
Hausgemacht: Der Finanzierungsrahmen wird maßgeblich vom Eigenkapital-Anteil beeinflusst. Doch junge Eltern haben oft nur wenig Eigenkapital angespart. Wo liegt die unterste Grenze? Wie viel Eigenkapital brauchen sie?
Jürgen Klaus: Die goldene Regel lautet: Die obligatorischen Kaufnebenkosten – also Grunderwerbssteuer, Notar- und Grundbuchkosten – sowie die Maklerprovision sollten sie aus der eigenen Tasche bezahlen. Eigenkapital wirkt sich auch positiv auf das Immobiliendarlehen aus. Es reduziert den Zinssatz, man spart Zinskosten und die monatliche Rückzahlungsrate sowie die Restschuld fallen deutlich kleiner aus. Falls die eigenen Mittel nicht ausreichen, nutzen viele Paare die Möglichkeit, sich die Restsumme von den Eltern oder anderen Verwandten zu leihen.
Eine weitere Option ist ein Arbeitgeberdarlehen. Letzte Woche hatte ich eine Kundin, die ein Arbeitgeberdarlehen von ihrem Arbeitgeber bekommt. Zugegeben ein seltener Fall, aber eine Nachfrage beim Arbeitgeber lohnt sich.
Baufinanzierung mit Eigenkapital | Baufinanzierung ohne Eigenkapital | |
Objektwert | 250.000 € | 250.000 € |
Eigenkapital | 50.000 € | 0 € |
Benötigte Darlehenssumme | 200.000 € | 250.000 € |
Anfänglicher Tilgungssatz | 3% | 3% |
Sollzinsbindung | 15 Jahre | 15 Jahre |
Effektiver Jahreszins p.a. | 0,72% | 0,96% |
Monatliche Rate | 616,67 € | 818,75 € |
Restschuld nach 15 Jahren | 105.133,72 € | 129.325,23 € |
Getilgter Betrag | 94.866,28 € | 120.674,77 € |
Gezahlte Zinsen | 16.250,99 € | 26.893,98 € |
Die Beispielrechnung zeigt, in welchem Maße sich Baufinanzierungen mit Eigenkapital von eigenkapitallosen Finanzierungen unterscheiden.
Hausgemacht: Bedeutet Eigenkapital immer nur Bargeld?
Jürgen Klaus: Nein. So können beispielsweise die Schwiegereltern ihr Haus oder ihre Eigentumswohnung als zusätzliche Sicherheit in die Finanzierung einbringen. Das ist für viele Banken wie Bargeld und junge Eltern erhalten dann einen günstigeren Zinssatz. Wertpapiere, Aktien, eine Lebensversicherung oder auch handwerkliche Eigenleistungen sind weitere Optionen, die man der Bank als Eigenkapital anbieten kann.
Hausgemacht: Die Baufinanzierung ist eine Welt für sich und erklärungsbedürftig. Was ist dir besonders wichtig, wenn du junge Eltern berätst?
Jürgen Klaus: Eine offene Kommunikation ist der Schlüssel zum Erfolg. Je offener und ehrlicher, desto besser kann ich meine Kunden beraten. Wenn ich die aktuellen und zukünftigen Pläne der Familie kenne, dann kann ich das auch in der Finanzierung berücksichtigen und alle Möglichkeiten ausschöpfen, die der Finanzierungsmarkt hergibt.
Hausgemacht: Gibt es noch etwas, worauf junge Eltern achten sollten?
Jürgen Klaus: Ja, nie zu knapp kalkulieren. Gerade junge Eltern wissen oft nicht genau, wie ihr finanzieller Spielraum in den nächsten Jahren aussieht. Wenn zunächst nur ein Partner arbeitet, muss die Monatsrate in den ersten Jahren eventuell niedriger sein und kann dann gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt über einen Tilgungssatzwechsel nach oben angepasst werden.
Auch ein zusätzlichen Puffer bei der Finanzierung ist für Familien ratsam. Einige Banken bieten dem Kunden eine höhere Darlehenssumme zu gleichen Konditionen an. Das heißt für die Familien: mehr freie Liquidität von zum Beispiel 10.000 Euro bei einem Kauf oder 25.000 Euro bei Neubauvorhaben – und das ohne Zinsaufschlag. Das ist ideal, um für alle Eventualitäten im Familienleben besser gewappnet zu sein. Und wenn doch Geld übrig bleiben sollte, dann ab in die Sondertilgung!
Hausgemacht: Der Finanzierungsmarkt ist bunt. Es gibt diverse staatliche Fördermaßnahmen und Zuschüsse, zum Beispiel das Baukindergeld. Wie hoch ist die Förderung und welche weiteren Fördermöglichkeiten gibt es?
Jürgen Klaus: Das Baukindergeld ist begehrt. Eltern erhalten pro Kind einen jährlichen Zuschuss von 1.200 Euro für zehn Jahre, steuerfrei von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Sofern die Einkommensgrenze nicht überschritten wird, die Familie die Immobilie selbst nutzt und keine weitere Immobilie besitzt. Der Anspruch entfällt allerdings bei einer Schenkung oder Erbschaft.
In Bayern gibt es noch ein Schmankerl – das Baukindergeld Plus. Eltern erhalten nochmal zusätzlich 300 Euro pro Kind und wieder für zehn Jahre.
Parallel dazu bietet die KfW weitere Förderdarlehen, mit denen junge Eltern ihren Immobilienkredit kombinieren können. Dazu zählt zum Beispiel das Wohneigentumsprogramm (KfW 124). Das zinsgünstige Darlehen unterstützt den Erwerb oder den Bau einer selbst genutzten Immobilie.
Außerdem hat jedes Bundesland noch seine eigene Wohnungsbauförderung. In Bayern gibt es zum Beispiel die Eigenheimzulage. Hier werden Familien aus Bayern, die in Bayern ein Haus kaufen, mit 10.000 Euro gefördert.
Hausgemacht: Wie können sich junge Eltern vorab über die Fördermaßnahmen der einzelnen Bundesländer informieren?
Jürgen Klaus: Je nach Bundesland können hier der Baufinanzierungsberater oder die Landratsämter informieren. Die Förderungen sind teilweise sehr komplex und im Netz schlecht dokumentiert. Daher gleich einen Termin vereinbaren, das spart Zeit! Im Orientierungsgespräch sollten dann die Kombinationsmöglichkeiten besprochen werden.
Hausgemacht: Verständlich, wer will schon Geld verschenken. Hast du noch Tipps zum Baukindergeld? Wie holen junge Eltern mehr raus?
Jürgen Klaus: Zuerst kommt die Pflicht: die pünktliche Beantragung. Nach dem Einzug hat man maximal sechs Monate Zeit für die Antragsstellung. Sollte gerade ein Kind unterwegs sein, wäre ein Einzug nach der Geburt sinnvoll, denn dadurch erhöht sich die Einkommensgrenze. In meinen Gesprächen rate ich jungen Eltern immer, das Baukindergeld clever zu investieren. Drei Wege bieten sich an:
- Junge Eltern können das Baukindergeld für jährliche Sondertilgungen des Immobiliendarlehens nutzen. Damit verkürzen sie die Laufzeit und zahlen weniger Zinsen.
- Alternativ können sie das Baukindergeld für einen Bausparvertrag nutzen. Damit sichern sie sich die aktuell günstigen Zinsen für das spätere Bauspardarlehen. Mit der angesparten Bausparsumme können sie dann die Restschuld reduzieren oder ganz begleichen.
- Manche Paare nehmen zusätzlich zum Immobiliendarlehen einen Ratenkredit auf, um damit die Kaufnebenkosten zu finanzieren. Doch Ratenkredite sind nicht immer günstig. Dank des Baukindergeldes lässt sich die Laufzeit und damit die monatliche Belastung des Ratenkredits reduzieren.
Hausgemacht: Jürgen, vielen Dank für das Gespräch bis hierher. Ich freue mich schon auf eine Fortsetzung!
Baufinanzierung: Fünf Tipps für junge Eltern
Es kommt nicht auf das Alter an. Auch junge Eltern können sich den Traum vom Eigenheim leisten. Damit die Baufinanzierung so wie auch das Haus auf solidem Fundament steht, haben wir fünf Tipps für euch zusammengestellt.
- Budgetplanung – Kalkuliert realistisch: Maximal 35 Prozent von eurem gemeinsamen Haushaltsnettoeinkommen sollte in die Finanzierung des Immobiliendarlehens fließen.
- Kaufnebenkosten – Plant einen Puffer ein: Grob geschätzt betragen die Kaufnebenkosten zehn bis 15 Prozent des Kaufpreises. Die Kaufnebenkosten solltet ihr selber stemmen – im Idealfall sogar noch etwas mehr, da eine Vollfinanzierung im Regelfall mehr kostet als eine Finanzierung mit Eigenkapital.
- KfW-Förderungen – Angebote sondieren und kombinieren: Die Förderprogramme der KfW umfassen zinsgünstige Kredite und Tilgungszuschüsse, die nicht zurückgezahlt werden müssen. Angebote regionaler Förderbanken sind zudem oft nachrangig und werden von der Bank, die das Hauptdarlehen vergibt, als Eigenkapital anerkannt. Das verbessert die Zinskonditionen.
- Kostenlose Sondertilgungen – Fragt nach: Nicht jede Bank bietet kostenlose Sondertilgungen an. Oft ist die Höhe begrenzt. Die Spanne für die kostenlose Sondertilgung liegt gewöhnlich bei fünf bis zehn Prozent der Darlehenssumme. Fragt nach und nutzt die Chance, durch Sondertilgungen die Laufzeit und die Restschuld zu verkürzen.
- Flexible Ratenhöhe – Kostenfreien Tilgungssatzwechsel vereinbaren: Viele Bankpartner von Dr. Klein bieten einen kostenfreien Tilgungssatzwechsel an. Damit könnt ihr die Ratenhöhe an eure Lebenssituation anpassen. Sollte sich beispielsweise eure Einkommenssituation verbessern, könnt ihr die Rate erhöhen und damit Laufzeit des Immobiliendarlehens verkürzen. Wie oft ein kostenloser Tilgungssatzwechsel während der Zinsbindung möglich ist, hängt von eurem Verhandlungsgeschick ab. Üblich sind ein bis zwei Tilgungssatzwechsel.
Wie viel Haus kann ich mir eigentlich leisten?

ist in den letzten fünf Jahren fünfmal umgezogen / entdeckt nun Lübeck & Umgebung / schätzt den trockenen Humor der Norddeutschen / wollte eigentlich Sportreporter werden / hat Germanistik und Geschichte studiert / schreibt für den Leser / findet Ansel Adams inspirierend und schwärmt von Fellnase Fiete