Abriss und Neubau:eine gute Idee?

Hausabriss als Lösung für den Grundstücksmangel in Städten?

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Grundstücke sind in Ballungsgebieten aktuell rar und teuer. Da kommt manch ein Verzweifelter auf kreative Ideen. Ein baufälliges Haus abreißen zu lassen, um das Grundstück zu nutzen, erscheint ein wenig unorthodox. Aber warum eigentlich nicht? Wir haben darüber mit Sandra Grudzinski, Kundenfachberaterin beim Massivhaushersteller Viebrockhaus*, gesprochen. Sie hat in Sachen Hausabriss wertvolle Tipps auf Lager.

Hausabriss und Neubau: die Kosten

Wer in großen Städten wie Hamburg und anderen Ballungsgebieten aktuell ein Grundstück kaufen will, braucht sehr viel Geduld und sehr viel Geld. Wer beides nicht hat, sucht Alternativen. Dabei fällt auf: Baufällige Immobilien tauchen in den einschlägigen Immobilienportalen öfter auf als freie Grundstücke. Dabei gibt es zwei Varianten: sanieren oder abreißen. Doch ist Letzteres nicht viel zu teuer? Nicht unbedingt. Je nach Größe und Beschaffenheit der Alt-Immobilie belaufen sich die Kosten für einen Hausabriss auf 10.000 bis 25.000 Euro. Dennoch bleibt die Frage:

Was lohnt sich mehr: Ein Hausabriss oder der Kauf eines Grundstücks im Neubaugebiet?

Ein kleiner Vergleich: In einem Neubaugebiet im Hamburger Süden kostete ein Grundstück von 680 Quadratmetern unlängst etwa 190.000 Euro. Im selben Stadtteil wurde zeitgleich ein stark renovierungsbedürftiges Haus inklusive 800-Quadratmeter-Grundstück für 200.000 Euro angeboten. Die Hausabriss-Variante wäre also teurer, man läge etwa bei 220.000 Euro, hätte am Ende aber dafür ein unbebautes, größeres Grundstück. Das Ganze kann noch einen weiteren Vorteil mit sich bringen: Oft ist man mit einem Abriss-Grundstück freier im Hinblick auf die Gestaltung des Neubaus als im Neubaugebiet, in dem die Stadtentwicklungs-Gesellschaft so allerlei vorschreibt. Aber stimmt das wirklich? Oder gibt es in bestehenden Wohngebieten ähnlich strikte Vorgaben? Das wollten wir noch mal genauer wissen. Sandra Grudzinski, Kundenfachberaterin bei Viebrockhaus*, berät regelmäßig Kunden zum Thema Hausabriss und weiß genau, worauf es dabei ankommt.

Abriss und Neubau: Interview mit Spezialistin Sandra Grudzinski
Sandra Grudzinski, 29 Jahre jung, gelernte Immobilienkauffrau, 10 Jahre Berufserfahrung in der Immobilienbranche (Maklerin, individuelle Architekturplanung, jetzt bei Viebrockhaus* angekommen)

Hausgemacht: Frau Grudzinski, im Neubaugebiet herrschen teilweise sehr strenge Bauvorgaben von Seiten des Bauamtes. Wer eine alte Immobilie abreißt, um auf dem Grundstück zu bauen, hat beim Neubau mehr Gestaltungsfreiheit, heißt es. Stimmt das?

Sandra Grudzinski: Das kann man so nicht sagen. Es gibt Neubaugebiete , die sehr strenge Auflagen haben, in denen zum Beispiel der RAL-Ton des Fensters vorgeschrieben ist, die Dachpfannenfarbe oder der Verblendstein. Und es gibt Neubaugebiete, in denen sowohl eingeschossige als auch zweigeschossige Häuser ohne Angaben von Dachformen und Dachneigungen möglich sind. Auch in bestehenden Wohngebieten gibt es große Unterschiede. Auch hier kann es einen neuen Bebauungsplan mit strengen Vorgaben geben. Wenn es keinen Bebauungsplan gibt, richtet man sich nach der umliegenden Nachbarschaftsbebauung (§ 34 BauGB).

Hausgemacht: Wenn nicht unbedingt in der Flexibilität, worin sehen Sie dann die größten Vorteile eines Hausabrisses?

Sandra Grudzinski: In einem bestehenden Wohngebiet ist der Garten schon uneinsehbar eingewachsen. Bis es in einem Neubaugebiet soweit ist, dauert es einige Jahre. Außerdem hat man einen Nachbarschaftsmix von jung bis alt. In Neubaugebieten wohnen hauptsächlich junge Familien. Aber alles hat seine Vor-und Nachteile und es kommt letztlich darauf an, was man mag und wo man sich wohl fühlt. Ein weiterer Vorteil beim Hausabriss einer Altimmobilie: Schadstoffe wie Asbest und Wärmedämmverbundsysteme verschwinden durch den Abriss gleich mit und es entsteht ein neues, energieeffizientes Haus mit erneuerbaren Energien.

Hausgemacht: Was sind so typische Fehler, die Bauherren beim Abriss machen?

Sandra Grudzinski: Die Kosten für den Abriss werden von zukünftigen Bauherren häufig zu hoch eingeschätzt. Es kommt natürlich auf die Hausgröße, ob mit Keller oder ohne, Sondermüll, Öltank etc. an. Dafür bekommt man von Viebrockhaus* ein Festpreisangebot. Wir erledigen den Abriss gleich mit, beraten vom Abriss bis zum Einzug und schätzen auch die Baunebenkosten mit den Kunden gemeinsam realistisch ein, damit es später keine bösen Überraschungen gibt.

Hausgemacht: Apropos böse Überraschungen, ein Abriss hat bestimmt noch mehr Stolpersteine parat. Was genau sollten Immobilieneigentümer, die abreißen und neu bauen möchten, vor dem Kauf eines solchen Grundstücks beachten?

Sandra Grudzinski: In erster Linie sollte man prüfen, ob das Bestandsgebäude überhaupt abgerissen werden darf. Das erkennen Sie zum Beispiel im Bebauungsplan, wenn es einen gibt. Das Grundstück könnte nämlich in einem Erhaltungsgebiet liegen oder das Haus sogar unter Denkmalschutz stehen.

Hausgemacht: Gibt es denn Gebäude und Bauten, die für einen Hausabriss überhaupt nicht infrage kommen?

Sandra Grudzinski: Das ist ganz unterschiedlich. Grundsätzlich sieht man es einem Haus oder einer Gegend nicht unbedingt an, ob Objekte hier abgerissen werden dürfen oder nicht. Es gibt es Gegenden, in denen es offensichtlich ist, dass die Bestandsbauten erhalten werden sollten, wenn dort nur schöne Reetdachhäuser oder ganze Straßenzüge mit Jugendstilvillen aus der Jahrhundertwende stehen. Am besten überlässt man die Prüfung einem Experten. Wenn Kunden damit zu uns kommen, übernehmen wir das auch.

Hausgemacht: Ein Grundstück, auf dem bereits eine Immobilie stand, ist ja bereits erschlossen. Kann es aber sein, dass Anschlüsse nach dem Hausabriss neu verlegt werden müssen, wenn das alles schon länger her ist?

Sandra Grudzinski: Grundsätzlich müssen nach einem Abriss alle Leitungen für Strom, Trinkwasser, Schmutzwasser und Telekommunikation laut vorgeschriebenen DIN-Normen neu verlegt werden. Die alten Leitungen könnten nämlich porös oder beschädigt sein. Ob vorhandene Schächte, zum Beispiel für Regenwasser oder Schmutzwasser  noch übernommen und weitergenutzt werden können, entscheidet einer unserer Experten vor Ort. Es kommt auch immer darauf an, wie weit das Bestandsgebäude von der Straße weg liegt. Vor allem bei Häusern in zweiter oder dritter Reihe ist mit deutlich höheren Erschließungskosten zu rechnen. Dann ist es auch noch wichtig zu wissen, ob Höhenunterschiede zwischen Straße und Grundstück bestehen und ob man dann zusätzlich mit Hebeanlagen arbeiten muss. Auch dies verursacht höhere Erschließungskosten. Das prüfen wir auch anhand eines Höhenplans für unsere Kunden.

Hausgemacht: Welche weiteren, baulichen Voraussetzungen müssen beim Grundstück geschaffen werden, um ein neues Haus darauf bauen zu können?

Sandra Grudzinski: In Hamburg zum Beispiel gibt es noch die sogenannte Kampfmittelfreiheit, die vorher geprüft werden muss. Der Kampfmittelräumdienst hat die Möglichkeit anhand von alten Luftbildaufnahmen zu prüfen, ob auf dem Grundstück ein Verdacht auf Bombenmaterial aus dem Krieg besteht. Des Weiteren gibt es vor allem in Hamburg den sogenannten Wegewart vom Tiefbauamt, der darüber entscheidet, wo die Baustraße und die endgültige Zufahrt im öffentlichen Bereich verlaufen werden.

Da man nämlich öffentlichen Grund betritt, wird eine Art Kaution beim Tiefbauamt hinterlegt, falls der Gehweg o.ä. beschädigt wird. Darüber hinaus sind vor allem in Hamburg Bäume ein sensibles Thema. Beim Bauantrag ist ein sogenannter ,,Gehölzplan“ mit einzureichen. Auch darum kümmern wir uns in Zusammenarbeit mit einem öffentlichen Baumsachverständigen. Schützenswerte Bäume und Hecken sind beim Neubau ein äußerst wichtiger Punkt. Wir beraten auch zu diesen Baunebenkosten und klären darüber auf, worauf speziell bei diesem Grundstück zu achten ist. Auch hier sind Regeln und Gesetze von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich.

Hausgemacht: Sie sagten ja bereits, auch nach einem Hausabriss bin ich nicht vollkommen frei in der Gestaltung des Neubaus. Welche Einschränkungen kann es in vorhandenen Wohngebieten für einen Neubau geben?

Sandra Grudzinski: Was auf dem Grundstück tatsächlich neu gebaut werden darf, entscheidet der gültige Bebauungsplan, der Baustufenplan oder der § 34 BauGB umliegende Nachbarschaftsbebauung. Dort ist festgehalten, ob man eingeschossig oder zweigeschossig bauen darf. Die Geschossigkeit wird in jedem Bundesland anders gerechnet. Bevor Sie ein Grundstück erwerben, sollten Sie in jedem Fall eine umfangreiche Prüfung der Bebaubarkeit durchführen, das machen wir ebenfalls für die Kunden.

Auf Angaben in Maklerexposés sollten Sie sich niemals verlassen!

Wir hatten schon viele Bauherren, die ein Grundstück auf Basis falscher Informationen gekauft und erst bei Bauantragstellung gemerkt haben, dass das Traumhaus so nicht auf dem Grundstück genehmigt wird. Das ist sehr bitter. Um das zu vermeiden, empfehlen wir, sich rechtzeitig mit uns zusammenzusetzen. Wir haben bei komplizierten Fällen eine eigene Baurechtsabteilung, die mit Behörden und Gemeinden sprechen kann. Das gehört zu unserem Service dazu, um Bauherren vor einer Fehlentscheidung zu schützen.

Hausgemacht: Wie geht es nach dem Abriss weiter mit der Vorbereitung des Grundstücks? Beim Neubau lässt man ja immer ein Bodengutachten erstellen, aber muss das bei einem alten Grundstück überhaupt sein? Wenn ja, was kostet das, und was kann man aus dem Bodengutachten erfahren?

Sandra Grudzinski: Das Bodengutachten ist meiner Meinung nach das wichtigste Thema überhaupt bei den bauvorbereitenden Maßnahmen. Bei uns ist das Bodengutachten im Hauspreis inklusive. Normalerweise kostet es bei einer externen Firma um die 1.000 Euro. Das Bodengutachten ist ein absolutes ,,Muss“ vor jedem Neubau. Da niemand von uns in den Boden reinschauen kann, ist es umso wichtiger anhand einer Bohrung zu schauen, was unter der Erde los ist. Bei einem geplanten Haus ohne Keller wird bei uns 6 Meter tief gebohrt und bei einem Haus mit Keller sogar 8 Meter.

Nur so können wir sehen, ob sich der Boden für das geplante Haus eignet, ob Boden abgefahren oder neu angefahren werden muss, um die Gründung und Stabilität des Gebäudes zu gewährleisten. Auf dieser Basis kann man die Kosten für Erdarbeiten als Baunebenkosten genau beziffern. Dafür gibt es bei uns ebenfalls ein Festpreisangebot, das Massenrisiko liegt dann auf unserer Seite. Das bedeutet, falls wir während der Erdarbeiten zum Beispiel auf alte Auto-Achsen (hat es alles schon gegeben) stoßen, müssen wir diese entsorgen.

Wir empfehlen außerdem dringend, das Bodengutachten vor dem Grundstückskauf zu machen, denn es kann sein, dass eine Pfahlgründung nötig ist. Das heißt, das Haus muss im schlimmsten Fall auf Pfählen gebaut werden. Da sprechen wir über Zusatzkosten von mehreren zehntausend Euro.

Leider gibt es immer wieder Bauherren, die ein Grundstück unter Druck erwerben, weil der Markt so heiß umkämpft ist, und die dann viel später merken, dass das eingeplante Budget gar nicht mehr reicht. Deshalb gilt: Immer erst mit einem Experten sprechen!

Hausgemacht: Und wie sieht es mit dem Fundament aus, muss das nach einem Hausabriss immer neu gemacht werden? Welche Kosten bringt das mit sich, lässt sich das irgendwie vermeiden?

Sandra Grudzinski: Wenn das Bestandsgebäude mit Keller gebaut wurde und das Neubauhaus ohne Keller geplant wurde, muss das ,,Loch“ zugeschüttet werden. Um ein Haus nach aktuellem Standard bauen zu können, sollte nicht auf einer Bestandssohle gegründet werden. Wir bieten das auch nicht an.

Hausgemacht: Noch eine Frage zum Schluss: Bevor ich einen Abriss vornehme, könnte ich mir ja auch überlegen, die alte Immobilie zu sanieren. Was würden Sie sagen, warum ist ein Abriss im Zweifel besser als eine Sanierung?

Sandra Grudzinski: Die Kosten für die Sanierung sind vor allem unvorhersehbar. Sobald man anfängt Leitungen, Heizung, Dach, Fenster, Bodenbelege, Küche, Bäder, Elektrik, etc. zu sanieren, sollte man sich Kostenvoranschläge von Handwerkern holen. In der heutigen Zeit scheitert die Sanierung jedoch schon an den Handwerkerkapazitäten. Die guten Handwerker sind ausgebucht und die anderen lassen sich die Leistung hoch bezahlen. Selbst wenn Sie alles neu machen, haben Sie beim Wiederverkauf immer noch das Ursprungsbaujahr im Exposé stehen.

Energetisch bekommen Sie das Haus auch nicht auf den Standard eines Neubaus als KfW-Effizienzhaus 40plus. Darüber hinaus sind die Anforderungen ans Wohnen heute ganz anders als damals. Heute muss man im Altbau Wände rausreißen, um den Grundriss offen und großzügig zu gestalten. Das ist oft aber statisch gar nicht möglich. So kommt man beim Umbauen oder Anbauen schnell an seine Grenzen. Im Neubau können Sie von Anfang an so planen, wie Sie es gerne hätten. Der Neubau hat in Bezug auf Wirtschaftlichkeit, Energieeffizienz, Nachhaltigkeit und Ökologie nur Vorteile im Vergleich zu einem Altbau.

Hausgemacht: Vielen Dank für das aufschlussreiche Interview!


Hausabriss mit den Baunebenkosten mitfinanzieren

Das Interview zeigt: Ein Abriss kann eine Alternative zum Grundstückskauf im Neubaugebiet sein, ist aber auch keine Lappalie. Es reicht nicht, einfach die Abrissbirne zu bestellen und loszulegen, denn es gibt viel zu bedenken. Fachmännische Begleitung ist dabei unbedingt notwendig. Doch damit stellt sich direkt die nächste Frage: Wie finanziert man so einen Abriss am besten? Die Kosten eines Abrisses fallen aus Bankensicht in der Regel unter die Baunebenkosten und können daher über die Baufinanzierung mit abgedeckt werden. Das spart Kosten, weil die Zinsen einer Baufinanzierung niedriger sind als die Zinsen eines normalen Ratenkredits, den man alternativ heranziehen müsste.


Abriss zu günstigen Zinsen finanzieren:

*Unbezahlte Werbung weil Markennennung.

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