Hauskauf mit Mama

Alle unter einem Dach: Hauskauf mit Mama

Lesezeit: 5 Minuten
Artikel teilen

Während Redakteurin Anne noch zur Miete wohnt, haben sich ihre Nachbarn Bea und Jan schon den Traum vom Eigenheim erfüllt. Und zwar auf einem eher außergewöhnlichen Weg: Sie haben mit Beas Mama ein Haus gekauft und wohnen dort mit drei Generationen. Ein empfehlenswertes Modell? Das wollte Anne genauer wissen.

Obwohl wir in der gleichen Straße leben, könnte unsere Wohnsituation kaum unterschiedlicher sein: Ich wohne in einer Mietwohnung, Bea und Jan in einem Eigenheim – zusammen mit Beas Mutter. Und: Sie haben das Haus zusammen mit ihr gekauft. Ein Mehrgenerationenhaus für Kinder, Eltern, Oma mit gemeinsamer Finanzierung – nicht alltäglich, aber in Zeiten hoher Immobilienpreise und niedriger Kitaplatzzahlen vielleicht die Lösung (fast) aller Probleme? Bea und Jan verraten, ob die Wunschvorstellung den Realitätstest besteht und geben Tipps, um ein Haus mit Eltern zu finanzieren und für das Zusammenleben Tür an Tür mit Oma/Mama/Schwiegermutter.

Das Drei-Generationenhaus
2017 haben Bea und Jan ein Haus
zusammen mit Beas Mama gekauft und
wohnen dort seit 2018 alle gemeinsam.

Mittlerweile ist auch die 3. Generation
eingezogen: Der kleine Sohn und die
neugeborene Tochter von Bea und Jan.

Hausgemacht: Spontaner Entschluss oder langgehegter Wunsch? Wie kam es zu eurem Mehrgenerationenhaus?

Bea: Als ich klein war, habe ich das bei meinen Freundinnen gesehen und fand es toll, dass sie Oma und Opa in der Nähe hatten. Da konnte man den Schokokeks abholen, den man zu Hause nicht bekommen hätte. Das hatte ich so nie und habe es mir aber für meine Kinder gewünscht. Zumal ich auch immer ein gutes Verhältnis zu meinen Eltern hatte.

Hausgemacht: Und deine Eltern standen dem auch offen gegenüber?

Bea: Meine Eltern wollten sich eh etwas Altersgerechtetes kaufen. Als es dann konkret wurde, hat mein Papa leider schon nicht mehr gelebt. Meine Mutter wohnte in einem Haus mit vielen Treppen und es war klar, dass sie dort nicht alt werden könnte.

Hausgemacht: Jan, warst du auch gleich Feuer und Flamme? Viele überschlagen sich ja nicht gerade vor Begeisterung bei der Vorstellung, mit Schwiegermama unter einem Dach zu leben?!

Jan: Sicher ist so ein Projekt ein Risiko, weil nur eine Partei mit der Person aufgewachsen ist und weiß, wie das Zusammenleben ist. Man muss schon ein gutes Gefühl mit seiner Schwiegermutter haben und das habe ich. Nur aus finanziellen Gründen zusammen zu kaufen und zu wohnen ist nicht sinnvoll.

Hausgemacht: Wie habt ihr dann den Plan in die Tat umgesetzt? Habt ihr euch auf Haussuche begeben?

Bea: Eigentlich nicht. Wir haben gar nicht gesucht, aber hatten interessenhalber ein paar Newsletter abonniert, um die Marktpreise zu verfolgen. Wir waren gerade im Urlaub, als wir die Anzeige für das Haus gesehen haben. Ideal für ein Mehrgenerationenhaus: mit Einliegerwohnung, Eingänge auseinander… wir waren beide so angetan von dem Haus, dass wir den Verkäufer gleich angeschrieben haben.

Jan: Wir haben uns das Haus erstmal nur zu zweit angeschaut und danach alles durchgerechnet.

Hausgemacht: Und dann habt ihr Beas Mutter und den Verkäufer überzeugt?

Bea: Ja, wir haben meiner Mutter das Haus mit ihrer Wohnung gezeigt und es hat ihr sofort gefallen. Alle waren gleich einverstanden. Für uns war es eine emotionale Bauchentscheidung.

Jan: Der Verkäufer fand es sympathisch, dass die Mutter mit einzieht. Und unsere gute Vorbereitung zu den Finanzierungsfragen war für ihn wichtig.

Hausgemacht: Ihr habt euch also schon vorab intensiv mit der Finanzierung beschäftigt. Wie seid ihr vorgegangen?

Bea: Wir haben uns ein inneres Limit gesetzt, was wir beide ausgeben wollen. Dann haben wir zunächst mit verschiedenen Banken Kontakt aufgenommen, um das Budget durchzurechnen. Obwohl wir damals noch keine Kinder hatten, haben wir eine Elternzeit gleich mit eingeplant. Die Raten wollten wir mit einem Gehalt stemmen können. Uns war daher klar, dass wir auf keinen Fall ein Darlehen für den vollen Kaufpreis aufnehmen wollten.

Jan: Letztendlich haben wir 50 Prozent als Eigenkapital mitgebracht. Die Krux dabei war aber, dass das „Eigenkapital“ von Beas Mutter kam und noch in einer Immobilie gebunden war. Die musste erst noch verkauft und für den Übergang eine Zwischenfinanzierung gemacht werden. Wir haben uns bei Dr. Klein beraten lassen. Unser Finanzierungsmix bestand dann aus einem Bankdarlehen, einem Bausparvertrag und einem KfW Sanierungskredit.

Hausgemacht: Und wie genau habt ihr dann den Spezialfall „mit Mama finanzieren und wohnen“ geregelt?

Jan: Bea und ich sind im Grundbuch eingetragen und Beas Mutter hat ein lebenslanges kostenfreies Wohnrecht. Das ist auch im Grundbuch eingetragen. Sie zahlt nur noch die Verbrauchskosten. Die Miete und Nebenkosten, also auch sowas wie die Grundsteuer und die Straßenreinigung, hat sie im Voraus gezahlt. Das floss als Eigenkapital in die Finanzierung ein. Das Vorgehen wurde zuvor mit einem Steuerberater besprochen. Und für das Wohnrecht brauchten wir Beratung vom Notar, nicht zuletzt, weil es den Wert der Immobilie mindert. Am Ende hatte der Kaufvertrag 16 Seiten, weil wir alles notariell festgehalten haben: Wer hat wie viel und wofür eingebracht, wer hat welchen Gartenteil…

Es ist wie ein Ehevertrag – nicht romantisch, aber wichtig.

Bea

Hausgemacht: Klingt nach der perfekten Vorbereitung. Lief denn alles glatt oder gab es Hürden?

Jan: Wir sind damals mit einem Architekten durch das Haus gegangen und hatten den Eindruck, dass man nicht mehr viel daran machen muss. Das war auch die Grundlage für unsere Finanzierung. Tja nun, das hat sich als falsch herausgestellt. Wir haben nochmal 20 Prozent aus Eigenmitteln nachgeschossen. Hätten wir nicht so viel Puffer eingeplant, hätte uns das finanziell das Genick gebrochen.

Bea: Ja, das Haus hat einige böse Überraschungen für uns bereitgehalten, die bei der Besichtigung nicht abzusehen waren. Kaputte Abwasserrohre oder im Garten verbuddelte Dachpappen. Und fünf Schichten Tapete an der Wand, dann wieder Putz und nochmal Tapete – am Ende kam uns die halbe Wand entgegen. Es waren über 30 Tonnen Bauschutt und Müll. Unser Rechnungsordner ist sechs Zentimeter dick und es sind 120.000 Euro mehr geworden als geplant. Wir haben alles neu gemacht – nur der Kirschbaum ist geblieben.

Hausgemacht: Was würdet ihr im Nachhinein anders machen?

Jan: Nur noch mit einem Gutachter ein Haus kaufen – am besten sogar mit zwei Gutachten…

Bea: …naja, das ist auch ein zeitliches Problem. Der Verkäufer hat Druck gemacht, schnell zu sein.

Jan: Und statt des Kredits über die KfW hätte ich lieber mehr Geld aufgenommen. Der war mit seinen starken Auflagen für uns zu unflexibel.

Hausgemacht: Wenn ihr eure ursprünglichen Vorstellungen und euren heutigen Alltag vergleicht – passen Wunsch und Wirklichkeit zusammen?

Bea: Es ist nicht immer alles so einfach wie in meiner Kindheitsvorstellung. Generationenkonflikte bleiben – egal ob man nun nah beieinander wohnt oder nicht. Aber insgesamt ist es eine Win-win-Situation für alle: Unser Sohn findet es super und hat besonders im Lockdown eine große Liebe zur Oma entwickelt. Und gerade jetzt mit dem zweiten Kind ist es eine Hilfe, die Oma im Haus zu haben, zum Beispiel bei Arztterminen. Aber auch für meine Mutter ist es toll, so nah bei den Enkeln zu sein. Sie nimmt ja ganz anders an ihrem Leben teil. Außerdem sind wir genauso für sie da, wenn sie im Alltag Hilfe braucht.

Jan: Wenn die räumlichen Rahmenbedingungen stimmen und alle mit den Rechten und Pflichten einverstanden sind, dann passt Mehrgenerationenwohnen. Noch besser, oder vielleicht klarer, wäre es nur gewesen, wenn wir zwei Neubaugrundstücke nebeneinander gekauft hätten – aber das wäre auch für uns alle teurer geworden.

Zusammen finanzieren und wohnen – Fünf Praxis-Tipps zum Mehrgenerationenhaus

  1. Stimmt die Chemie? Alle Beteiligten müssen mit einem guten Gefühl in das Projekt starten. Wer nur aus finanziellen Gründen zusammen wohnt, kann schnell eine Bauchlandung erleben.

  2. Reden ist Gold. Wer macht den Garten? Wer hilft bei der Kinderbetreuung? Wie laufen die Umzüge ab? Wer kümmert sich um was? Wer zahlt was? Es hilft, so viel wie möglich vorab zu besprechen und festzulegen.

  3. Beim Geld hört die Freundschaft auf: … und die Verwandtschaft spielt im Streitfall auch keine Rolle mehr. Daher sollte vertraglich festgehalten werden, wer was einbringt und welche Rechte erwirbt.

  4. Klare Grenzen – auch räumlich: Wenn jeder seinen eigenen Bereich mit getrennten Eingängen hat, gibt es mehr Rückzugsmöglichkeiten und die Zuständigkeiten sind klarer.

  5. Beratung einholen: Sowohl bei der Immobilienbesichtigung (Gutachter), als auch bei der Finanzierung (Hausbank oder Vermittler) und bei den Verträgen (Anwalt, Notar, Steuerberater) können Fachleute vor bösen Überraschungen schützen.

Mit Oma, Mama, Kind und Kegel ins Eigenheim?


Artikel teilen