Zinskommentar der Dr. Klein & Co. AG
Lübeck, 19. November 2013. Für viele Marktteilnehmer überraschend senkte die Europäische Zentralbank (EZB) in der ersten Novemberwoche den Leitzins, zu dem sich die Banken Geld bei der EZB leihen können, auf einen historischen Satz von 0,25 Prozent. Der EZB-Präsident, Mario Draghi, begründete - den innerhalb des EZB-Gremiums kontrovers diskutierten Schritt - mit einer schwachen Konjunktur gerade in den südeuropäischen Ländern und einer niedrigen Inflationserwartung in der Eurozone. „Auf die langfristigen Hypothekenzinsen hatte die Leitzinssenkung keinen Einfluss. Die Baufinanzierungszinsen sind seither sogar leicht angestiegen. Deshalb gilt weiterhin: wer kann, sollte sich die niedrigen Zinsen möglichst lange sichern“, sagt Stephan Gawarecki, Vorstandssprecher der Dr. Klein & Co. AG.
In der Vorwoche war bereits bekannt geworden, dass sich die Inflationsrate im Euroraum auf ein Niveau von 0,7 Prozent (der tiefste Stand seit knapp vier Jahren) verringert hatte und sich damit deutlich unter dem von der EZB festgesetzten Zielwert von zwei Prozent befindet. Hintergrund für die lediglich geringe Preissteigerung waren bei einer allgemeinen Verteuerung hauptsächlich Preisrückgänge bei Lebensmitteln und ein deutlich gefallener Rohölpreis im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Trotz anhaltender Wirtschaftskrise sieht Draghi keine Deflationsgefahr. Deflation bedeutet, dass Preise über einen längeren Zeitaum hinweg fallen. Dies hätte zur Folge, dass Konsumenten Kaufentscheidungen in Erwartung noch niedrigerer Preise aufschieben. Darunter würde die Wirtschaft leiden, weil die Nachfrage sinkt, die Produktion daraufhin zurückgefahren wird und Preise erneut gesenkt werden müssten. Die erneute Zinssenkung wird es kriselnden Banken in Europa ermöglichen, sich noch einmal günstiger Geld bei der EZB zu leihen. Ob die Banken (gerade z.B. in Griechenland, Spanien oder Italien) das Geld allerdings der heimischen Wirtschaft in Form von noch einmal vergünstigten Krediten oder überhaupt als Kredit anbieten, darf bezweifelt werden. Viele Banken kämpfen mit hohen Kreditausfällen und geringen Eigenkapitalquoten, halten sich daher bei der Kreditvergabe generell zurück und werden stattdessen lieber in Staatsanleihen investieren. Die Angebote für Tagesgeldzinsen werden in Deutschland erneut sinken, Auswirkungen auf die Baufinanzierungszinsen sind nicht zu erwarten.
Die Baufinanzierungszinsen verbilligten sich in Deutschland seit Mitte Oktober um knapp 0,20 Prozentpunkte, nachdem die Zahlungsunfähigkeit in den USA durch einen politischen Kompromiss abgewendet werden konnte und absehbar ist, dass die amerikanische Zentralbank die Niedrigzinspolitik fortsetzen wird. Seit der EZB-Zinssenkung zogen die Zinsen sogar wieder leicht um 0,10 Prozentpunkte an. Hintergrund ist, dass die EZB-Zinssenkung keinen direkten Einfluss auf die Baufinanzierungszinsen hat. Vielmehr ist dafür das Zinsniveau von Pfandbriefen entscheidend, welches sich wiederrum an den Renditen deutscher Staatsanleihen orientiert. In wirtschaftlich unsicheren Zeiten fragen Investoren vermehrt deutsche Staatsanleihen als Hort der Sicherheit nach, was zu sinkenden Renditen und damit zu sinkenden Baufinanzierungszinsen führt.
Da wir für die nächsten vier Wochen stark schwankende Zinsen erwarten, empfehlen wir Kunden, sich bei kurzfristigen Zinsrückgängen die günstigen Darlehenskonditionen zu sichern. Wichtig ist, auf Grund des niedrigen Zinsniveaus, auf jeden Fall eine Mindesttilgung von zwei Prozent oder mehr zu vereinbaren, um die Rückzahlungsdauer des Darlehens nicht zu lang werden zu lassen. Ein Rechenbeispiel: Schließt ein Hauskäufer ein Darlehen mit einem Sollzins von 2,90 Prozent ab und tilgt nur mit einem Prozent, wird das Darlehen bei gleichbleibendem Sollzins erst in 47 Jahren zurückgeführt sein. Wird die Tilgung bei gleichen Annahmen hingegen auf zwei Prozent festgesetzt, vergehen nur 31 Jahre bis zur vollständigen Rückzahlung des Darlehens. Darüber hinaus sollten Immobilienfinanzierer auch längere Zinsbindungen (15 bis zu 30 Jahre) wählen, um das Risko eines deutlich gestiegenen Zinsniveaus bei Anschlussfinanzierungen zu vermindern bzw. ganz auszuschließen. Eine weitere Alternative zur Zinsabsicherung ist es, Darlehen mit einem Bausparvertrag zu kombinieren, was die Planungssicherheit ebenfalls deutlich erhöht.
Kurzfristig: stark schwankend seitwärts
Langfristig: steigend
Die Dr. Klein Privatkunden AG ist einer der größten Finanzdienstleister Deutschlands und bereits seit 1954 am Markt etabliert. Mit mehr als 700 Beraterinnen und Beratern in deutschlandweit über 250 Büros hat das Unternehmen die meisten Standorte der Branche. Die Spezialisten von Dr. Klein beraten in den Bereichen Baufinanzierung, Versicherung und Ratenkredit.
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