Die Immobilie ist zu teuer - trotzdem kaufen?

Die Immobilie ist zu teuer – soll ich trotzdem kaufen?

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Die Immobilienpreise sind in den letzten Jahren zum Teil extrem gestiegen – da beißt die Maus keinen Faden ab. Angesichts der hohen Preise sind viele verunsichert: Ist der Kaufpreis noch angemessen? Ist das Haus oder die Wohnung überteuert? Soll ich trotzdem kaufen? Das wollte auch Redakteurin Susanne wissen und hat unseren Spezialisten Pascal Schultes um Rat gefragt.

Erst einmal stellt sich die Frage: ab wann ist die Immobilie überhaupt zu teuer? Definitiv, wenn sie das finanzielle Limit sprengen und die Monatsraten mehr als rund 35 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens betragen würden. Auch, wenn extrem viel Geld in die Sanierung des ansonsten wertlosen Hauses gesteckt werden müsste, ist vom Kauf eher abzuraten. Aber wie sieht es aus, wenn der Kaufpreis viel höher als der Verkehrswert ist, aber die Immobilie eigentlich genau dem entspricht, was ich suche?

Wie hoch ist der angemessene Kaufpreis?

Fragt man den Verkäufer oder den Makler, bekommt man nicht unbedingt eine zuverlässige Antwort darauf, welches der objektiv angemessene Preis für das zum Verkauf stehende Immobilie ist, beide sind an einem möglichst hohen Erlös interessiert. Mit seiner Kenntnis in der Region kann Pascal Schultes eine erste Einschätzung geben, was ein faires oder zumindest okayes Angebot ist. Außerdem arbeitet er mit Bewertungsprogrammen, die auch die Banken nutzen und die unter anderem die Lage und das Baujahr der Immobilie berücksichtigen. So kann er den Interessenten einerseits eine neutralere Information geben und erhält gleichzeitig einen Hinweis, welchen Wert die Banken der Immobile beimessen.

„Die Frage ist ja: Ist mir persönlich das Haus oder die Wohnung so viel wert? Wenn alles passt – und das Angebot im finanziellen Rahmen bleibt – spricht überhaupt nichts dagegen, mehr zu zahlen als der objektive Wert ist.“

Pascal Schultes, Spezialist für Baufinanzierung in Leverkusen

Seine Beobachtung: Mittlerweile ist es relativ normal, dass der Kaufpreis über dem Verkehrswert liegt, mit rund 15 Prozent Plus muss man schon rechnen – es gibt einfach zu wenig Angebot für zu viele Interessenten. Und die niedrigen Baufinanzierungszinsen verstärken zurzeit zusätzlich die Nachfrage nach Wohneigentum. Streng formuliert sind inzwischen also die meisten Immobilien überteuert. Spricht das aber gegen den Kauf?

Die Entscheidung für ein Eigenheim ist emotional

Für Pascal Schultes ist die Antwort relativ klar: „Der Kauf einer Immobilie ist vor allem emotional und die ganz individuelle Meinung zählt. Ob das Preis-Leistungs-Verhältnis in Ordnung ist – das schätzt im Zweifelsfall jeder unterschiedlich ein. Die Frage ist ja: Ist mir persönlich das Haus oder die Wohnung so viel wert? Wenn alles passt – und das Angebot im finanziellen Rahmen bleibt – spricht überhaupt nichts dagegen, mehr zu zahlen als der objektive Wert ist.“

Der Berater gibt seinen Kunden alle Informationen, die sie brauchen, und berechnet verschiedene Finanzierungsmöglichkeiten. Und er sagt auch, wenn der Preis happig ist. Was er aber nicht macht: seinen Kunden die Entscheidung abzunehmen. „Gegebenenfalls weise ich sie darauf hin, dass nicht jeder Bankpartner für die Finanzierung in Frage kommt und ich mich etwas umgucken muss. Letztendlich entscheidet sich aber jeder selber für oder gegen die Immobilie.“

Was bedeutet eine überteuerte Immobilie für die Finanzierung?

Der Unterschied zwischen dem Verkehrswert und dem Kaufpreis hauptsächlich bei der Finanzierung relevant. Denn der Bank ist es egal, wie viel der Käufer zahlt. Sie fokussiert sich ausschließlich auf den Wert der Immobilie berechnet auf dieser Grundlage, wie hoch das maximale Darlehen ist. Kostet das Haus also 550.000 Euro, der Wert wird aber deutlich geringer angesetzt und der Kredit beträgt nur 400.000 Euro, muss die Differenz unter Umständen aus eigener Tasche bezahlt werden. Als Vermittler von Baufinanzierungen kann Pascal Schultes in diesen Fällen allerdings auf verschiedene Bankpartner mit unterschiedlichen Konditionen zurückgreifen. Fest steht aber: Bei überteuerten Immobilien ist in jedem Fall mehr Eigenkapital nötig als bei angemessenen Kaufpreisen.

Pascal Schultes weist außerdem darauf hin, dass die Finanzierung besonders sicher durchgerechnet werden sollte. Das heißt zum einen, dass alle Lebensphasen – und zum Beispiel geringere Einkünfte durch Elternzeit oder Renteneintritt oder höhere Ausgaben durch die Ausbildung der Kinder – so genau wie möglich eingeplant werden sollen. Zusätzlich empfiehlt er auch, mit dem worst case bei zukünftigen Zinsen zu rechnen: „Niemand kann in die Zukunft sehen und wissen, wie die Konditionen zum Zeitpunkt der Anschlussfinanzierung in beispielsweise 15 Jahren aussehen. Wer einen relativ hohen Zins annimmt, ist in jedem Fall auf der sicheren Seite.“

Welche Rolle spielt die Wertentwicklung?

Für den klassischen Eigennutzer, der vorhat, lange in der Immobilie zu wohnen, spielt die Wertentwicklung im Grunde erst einmal keine Rolle. Selbst wenn die Preise sinken, weil mehr Wohneigentum auf den Markt kommt, haben sie keinen Schaden – vorausgesetzt, die Finanzierung ist bis zur vollständigen Tilgung sicher geplant. Das heißt gleichzeitig: Wenn der Kaufpreis deutlich höher ist als der Verkehrswert, sollten Käufer nicht auf einen höheren Wiederverkaufswert spekulieren und darauf angewiesen sein, bei einem Wiederverkauf mehr Geld zu erhalten.

Pascal Schultes stellt fest, dass den meisten seiner Kunden wichtig ist, so wenig Risiko wie möglich einzugehen: Sie wählen lange Zinsbindungen, planen Sondertilgungen ein und viele entscheiden sich für niedrigere Raten als sie sich leisten könnten. So profitieren sie im Alter von der eigenen, abbezahlten Immobilie – selbst wenn sie zum Zeitpunkt des Kaufs etwas teurer war als gewünscht.


Tipps von Pascal Schultes im Überblick:

  • Das finanzielle Limit kennen – und berücksichtigen: Damit lässt sich vielleicht nicht das Haus der Träume realisieren, aber das passende Eigenheim sicher finanzieren.
  • Die Finanzierung zum Ende genau und solide durchrechnen: Dazu gehören ehrliche Einschätzungen der Einkünfte und Ausgaben auch zukünftiger Lebensphasen.
  • Angemessenes Verhältnis zwischen Zinsfestschreibung und Tilgung wählen: 15 Jahre Zinsbindung und 2,5 Prozent Anfangstilgung sind erst einmal eine gute Basis, von der aus verschiedene Finanzierungsvarianten gerechnet werden können.

Jetzt die Finanzierung durchrechnen?


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