- Eine Nichtabnahmeentschädigung ist eine Schadenersatzzahlung an die Bank, wenn ein vereinbartes Darlehen nach Ablauf der Widerrufsfrist nicht oder nicht vollständig abgerufen wird.
- Sie kann unter anderem anfallen, wenn Sie einen Kredit nicht mehr wollen, sich beim Forward-Darlehen verspekuliert haben oder Ihren Baukredit nicht ausschöpfen.
- Die Kosten liegen meist zwischen 1 % und 5 % der nicht abgenommenen Summe und können je nach Restlaufzeit und Zinsdifferenz auch fünfstellige Beträge erreichen.
- Kosten lassen sich durch rechtzeitigen Widerruf, die Prüfung von Vertragsfehlern oder rechtlichen Beistand reduzieren, da fehlerhafte Klauseln oder Berechnungen angefochten werden können.
- Was ist eine Nichtabnahmeentschädigung?
- Wann kann die Nichtabnahme eines Darlehens fällig werden?
- Welche Kosten entstehen bei einer Nichtabnahmeentschädigung?
- Berechnung: Wie wird die Nichtabnahmeentschädigung berechnet?
- Nichtabnahme des Darlehens: Wie reduziere ich die Kosten?
- Was tun bei Streit oder hoher Entschädigungsforderung?
Was ist eine Nichtabnahmeentschädigung?
Als Nichtabnahmeentschädigung bezeichnet man die Schadenersatzzahlung an die Bank, wenn Sie Ihr Baufinanzierungsdarlehen nach Ablauf der Widerrufsfrist nicht oder nicht vollständig in Anspruch nehmen, obwohl Sie den Vertrag bereits unterschrieben haben. Die Nichtabnahmeentschädigung kann bei verschiedenen Darlehen anfallen wie einem Annuitätendarlehen oder einem Forward-Darlehen.
Sie verpflichten sich im Kreditvertrag zur Abnahme des Darlehens zu einem vereinbarten Zeitpunkt. Wird diese Pflicht nicht erfüllt, kann die Bank die Entschädigung für angefallene Gebühren und entgangene Zinsen verlangen. Die Nichtabnahmeentschädigung ist daher vergleichbar mit der Vorfälligkeitsentschädigung.
Wann kann die Nichtabnahme eines Darlehens fällig werden?
Es gibt 3 Situationen, in denen die Bank eine Nichtabnahmeentschädigung verlangen kann:
- Sie möchten Ihre abgeschlossene Baufinanzierung nicht mehr weiterführen.
Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn Sie eine günstigere Baufinanzierung gefunden haben und wechseln möchten. Ist die Widerspruchsfrist von 14 Tagen zu diesem Zeitpunkt schon abgelaufen, müssen Sie eine Nichtabnahmeentschädigung zahlen.
- Sie haben sich beim Forward-Darlehen für die Anschlussfinanzierung verspekuliert.
Mit einem Forward-Darlehen können Sie sich aktuelle günstige Bauzinsen für die Anschlussfinanzierung bis zu 66 Monate im Voraus sichern. Allerdings ist man auch zur Abnahme des Darlehens verpflichtet. Möchten Sie vom Kreditvertrag zurücktreten, weil die Zinsen in der Zwischenzeit weiter gesunken sind oder sich Ihre persönliche Situation verändert hat, berechnet die Bank dafür eine Entschädigung.
- Sie haben Ihren Baukredit nicht ausgeschöpft.
Haben Sie mehr Darlehen aufgenommen als Sie benötigen und können die restliche Summe nicht mehr abnehmen, fällt eine Nichtabnahmeentschädigung an.
Welche Kosten entstehen bei einer Nichtabnahmeentschädigung?
Die Höhe der Nichtabnahmeentschädigung hängt von der Restlaufzeit, dem vereinbarten Zinssatz und der Höhe des Darlehens ab. In der Praxis bewegen sich die Kosten meist zwischen 1 % und 5 % der nicht abgenommenen Summe. Bei hohen Kreditbeträgen können so schnell fünfstellige Beträge fällig werden.
Beispielrechnung:
- Vereinbartes Darlehen: 300.000 €
- Zinssatz: 3,5 %
- Restlaufzeit: 5 Jahre
Szenario 1: aktueller Zins (2 %) ist niedriger als der Vertragszins.
Hier liegt der aktuelle Marktzins 1,5 % niedriger als Ihr Vertragszins. Es entsteht ein deutlicher Zinsverschlechterungsschaden:
- Zinsdifferenz = 1,5 %
- Differenz × Darlehenssumme = 4.500 € pro Jahr
- Über 5 Jahre = 22.500 € (Zinsverschlechterungsschaden)
- Zusätzlich kann ein Zinsmargenschaden entstehen, falls die interne Marge höher war – häufig wird dies aber in die Zinsdifferenz eingerechnet.
- Abzug Verwaltungskosten & Risikoprämie = 2.500 €
→ Entschädigung: ca. 20.000 €
Szenario 2: aktueller Zins (3,8%) liegt höher als Vertragszins
Da der aktuelle Marktzins 0,3 % höher ist als Ihr Vertragszins, entsteht kein Zinsverschlechterungsschaden – die Bank könnte das Geld sogar teurer neu verleihen.
Es kann jedoch ein Zinsmargenschaden anfallen:
- Angenommene interne Gewinnmarge der Bank: 0,8 %
- Gewinnmarge × Darlehenssumme = 2.400 € pro Jahr
- Über 5 Jahre = 12.000 €
- Abzug Verwaltungskosten & Risikoprämie = 2.000 €
→ Entschädigung: 10.000 €
Das zeigt: Auch wenn der aktuelle Marktzins höher ist als Ihr Vertragszins, kann die Bank dennoch eine Nichtabnahmeentschädigung verlangen – allerdings meist deutlich geringer als bei einer Zinsverschlechterung.
Berechnung: Wie wird die Nichtabnahmeentschädigung berechnet?
Die Bank berechnet die Nichtabnahmeentschädigung anhand des finanziellen Schadens, der ihr durch die Nichtabnahme des Darlehens entsteht. Dafür gibt es 2 Methoden:
- Aktiv-Passiv-Methode (häufig verwendet)
Hierbei werden die aktuellen Zinssätze für Hypothekenpfandbriefe für die Berechnung zugrunde gelegt und die Höhe der Rendite berechnet, die diese Hypothekenpfandbriefe bei einer gleichen Laufzeit erreicht hätten. Die errechnete Rendite wird dann den entgangenen Zinseinnahmen aus der Baufinanzierung gegenübergestellt. Aus dieser Differenz ergibt sich die Nichtabnahmeentschädigung: Je größer die Differenz dabei ist, desto höher fällt die Nichtabnahmeentschädigung aus. - Aktiv-Aktiv-Methode
Die Bank geht davon aus, dass sie das Geld aus dem nicht in Anspruch genommenen Baudarlehen an einen anderen Kunden verleihen kann. Hier resultiert die Nichtabnahmeentschädigung aus den Zinsen des nicht abgenommenen Immobilienkredites und den Zinsen aktueller Baudarlehen.
Zusätzlich fließt in die Berechnung der Nichtabnahmeentschädigung ein Bearbeitungsentgelt ein, deren Höhe die Bank selbst festlegen kann. Von der Summe abgezogen werden Risikokosten sowie eine Verwaltungskostenersparnis.
Nichtabnahme des Darlehens: Wie reduziere ich die Kosten?
Mit diesen 3 Tipps reduzieren oder vermeiden Sie die Kosten für eine Nichtabnahmeentschädigung:
- Widerruf innerhalb von 14 Tagen nutzen
Es fallen keine Kosten an, wenn Sie Ihr Baudarlehen innerhalb der Widerrufsfrist von 14 Tagen kündigen. - Fehlerhafte Widerrufsbelehrung prüfen (Widerrufsjoker)
In einigen Fällen ermöglicht ein Widerrufsjoker die Rückforderung der Entschädigung auch später. - Formale Fehler im Vertrag
Werden im Vertrag wichtige Rechte und Fristen nicht aufgeführt, können Sie den Vertrag anfechten. Ist dagegen alles rechtens, müssen Sie die Nichtabnahmeentschädigung zahlen.
Was tun bei Streit oder hoher Entschädigungsforderung?
Erhalten Sie von Ihrer Bank eine hohe Forderung, sollten Sie die Berechnung unbedingt überprüfen lassen – am besten durch einen Fachanwalt für Bankrecht, die Verbraucherzentrale oder einen unabhängigen Finanzierungsberater. In manchen Fällen lohnt es sich, Widerspruch einzulegen oder eine Anfechtung zu prüfen, insbesondere wenn die Berechnungsgrundlagen nicht transparent sind oder die Vertragsklauseln fehlerhaft formuliert wurden.
Welche rechtlichen Grundlagen und Grenzen gelten für die Nichtabnahmeentschädigung?
Die Nichtabnahmeentschädigung ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) nicht ausdrücklich in einem eigenen Paragraphen geregelt. Sie stützt sich vielmehr auf allgemeine Vertrags- und Schadensersatzgrundsätze (§§ 280 ff. BGB). Wichtig: Bei Zinsaufschlägen von weniger als 3 % pro Jahr gilt diese Regelung in der Rechtsprechung nicht als „überraschende Klausel“. Mehrere Gerichtsentscheidungen haben die grundsätzliche Zulässigkeit solcher Entschädigungen bestätigt (Urteil des BGH, XI ZR 190/90).