Tipps für den Neubau und Grundstückskauf

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In unserem monatlichen Instagram live haben wir diesen Monat Sandra Lieder, Spezialistin für Baufinanzierung aus Berlin zu Gast. Wir haben über die Besonderheiten bei der Finanzierung eines Neubaus und Grundstücks, aber auch Stolperfallen beim Grundstückskauf gesprochen. Das Gespräch hat Redakteurin Katrin für euch zusammengefasst. Das gesamte Interview als IGTV-Video findet ihr auf unserem Dr. Klein Instagram-Kanal.

Dr. Klein: Wo ist der Unterschied zwischen der Finanzierung einer Bestandsimmobilie zu einem Neubau?

Sandra Lieder: Das ist tatsächlich eine total elementare Frage, mit der sich jeder mit dem Wunsch nach den eigenen 4 Wänden irgendwann beschäftigen muss. Ein ganz gravierender Unterschied ist, dass eine bestehende Immobilie „angefasst“ und betreten werden kann. Ihr seht, was ihr bekommt und habt dadurch ganz andere Möglichkeiten, euch damit zu arrangieren. Ein Grundriss auf dem Papier sieht oft total toll aus und wenn man dann im fertigen Haus steht, denkt man sich: „Ok, das Fenster hätte doch an einer anderen Stelle sein müssen.“ Das ist bei einer Bestandsimmobilie einfach anders. Auch was die Finanzierung betrifft, gibt es Unterschiede. Ein Neubau wird gebaut. Käufer können nicht wie bei einer Bestandsimmobilie direkt einziehen. In der Regel kann mit mindestens einem halben Jahr aber auch mit  zwei Jahren gerechnet werden, bis ein Neubau fertiggestellt ist. Darauf muss die Finanzierung entsprechend angepasst sein. Die Miete muss natürlich erst einmal weiter gezahlt werden, während gleichzeitig vielleicht schon Kosten für den Kredit anfallen. Letztendlich kommt es darauf an, was man möchte und womit man sich wohl fühlt. Das ist das Entscheidende.  

Sandra Lieder, Spezialistin für Baufinanzierung

Dr. Klein: Die Finanzierung, beispielsweise eines alten Hauses, ist vermutlich eine ganze Andere, als wenn ich ein Grundstück kaufe und darauf neu baue, oder?

Sandra Lieder: Definitiv, ja. Ein altes Haus kann auch schnell die „Katze im Sack“ sein – zum Beispiel, weil man sich in den Charme des Alten verliebt hat und dann im Keller merkt, dass er ein wenig eigenartig riecht.

Beim Neubau ist das natürlich anders. Dort ist eine grüne Wiese und da wird dann drauf gebaut. Natürlich ist da auch die Finanzierung eine andere. Ein altes Haus lässt sich umbauen oder modernisieren, aber es existiert eben schon. Die Modernisierung kommt dann noch dazu. Beim Neubau wird der Kredit in der Regel Stück für Stück, je nach Baufortschritt ausgezahlt.

Dr. Klein: Gibt es besondere Vorteile eines Neubaus gegenüber dem Kauf einer Bestandsimmobilie? Beispielsweise in Bezug auf die Kaufnebenkosten?

Sandra Lieder: Wenn man neu baut und Grundstück und Haus getrennt voneinander angeht, zahlt man die Grunderwerbssteuer, was ja ein großer Brocken der Kaufnebenkosten ist, nur auf den Grundstückspreis und nicht auf den Hauspreis. Das kann viel Geld sparen. Wird aber beides zusammen aus einer Hand, zum Beispiel von einem Bauträger, gekauft, dann fällt auf den kompletten Preis, inklusive des Hauses, Grunderwerbssteuer an. Ein Neubau kann in Bezug auf die Kaufnebenkosten also günstiger werden, muss es aber nicht zwangsläufig. Was beim Neubau auch interessant sein kann, sind die staatlichen Förderungen, die beim Kauf einer Bestandsimmobilie oft nicht in dem Umfang in Anspruch genommen werden können.

Dr. Klein: Gerade aktuell, wo die Preise für Bestandsimmobilien durch die Decke gehen, kann die Grunderwerbssteuer ja schon einen ziemlichen Batzen Geld ausmachen.

Sandra Lieder: Allerdings. Es gibt ja immer noch Bundesländer, die sind recht human, was die Grunderwerbssteuer angeht. Bayern und Sachsen liegen beispielsweise noch bei 3,5 % Grunderwerbssteuer.

Dr. Klein: Da können wir in Schleswig-Holstein von träumen mit 6,5 % Grunderwerbssteuer 🙂

Sandra Lieder: Ja, wir in Brandenburg und Berlin mit 6 % Grunderwerbssteuer auch. Die Frage ist, wo da die Reise noch hingeht. Die Nebenkosten bei bestehenden Immobilien können eben wirklich knackig sein, erst recht, wenn dann vielleicht noch Maklerkosten oben drauf kommen. Andererseits hat man beim Bestandsimmobilienkauf das Thema der Baunebenkosten nicht. Das sind Erschließungskosten, Vermessungskosten etc. Alles, was so auf einen zukommt beim Neubau. Es gibt also Argumente für beide Varianten, den Neubau und die Bestandsimmobilie. Da entscheidet wirklich die Frage, wofür schlägt das Herz?

Dr. Klein: Ja, das ist ja auch etwas Emotionales und auch Typsache. Wenn es immer mein Traum war selber ein Haus zu planen und zu sagen, das Fenster ist genau an dieser Stelle, dann ist ein Neubau vermutlich einfach meins. Oder mag ich den Charme des Altbaus so gerne, baue mit Freude um oder möchte gerne von Grund auf sanieren, dann ist eine Bestandsimmobilie natürlich mein Wunsch.

Sandra Lieder: Absolut. Was aktuell aber einfach das dominierende Thema vieler Menschen ist, insbesondere in Ballungsgebieten, ist das Finden einer passenden Immobilie. Das ist momentan nahezu die Nadel im Heuhaufen, weil es vergleichsweise wenig Immobilienangebote gibt – sowohl im Bestand, als auch bei Grundstücken. Da das Richtige zu finden, wo man sein Nest bauen möchte, ist nicht ganz ohne. Wobei ich zuletzt den Eindruck hatte, dass Grundstücke etwas leichter zu bekommen sind als bestehende Immobilien. (Auch wenn mich zu der Aussage der eine oder Andere jetzt kritisch anschauen wird :-)). Aber es gibt momentan immer wieder Baugebiete, die erschlossen werden oder Bauträger, die größere Areale für sich gewinnen. Da ist dann oftmals eine Ballung da, dass mehrere Grundstücke verfügbar werden. Beim Bestand sind es in der Regel Einzelimmobilien. Wenn Interessenten da nicht zur richtigen Zeit am richtigen Ort sind, ist ein Haus schnell schon wieder weg. Da kann es bei Grundstücken auch mal ein Stück einfacher sein.

Dr. Klein: Ja, das habe ich bei uns in der Region auch wahrgenommen. Baugebiete werden erschlossen und dann gibt es auch direkt mehrere Grundstücke. Dadurch sind die Chancen, ein Grundstück zu ergattern deutlich höher.

Sandra Lieder: Wovon man sich auf Immobiliensuche auch lösen sollte, ist die enge Regionalität. Darum empfehle ich ganz klar den Umkreis zu erweitern, mal links und rechts zu gucken, mal am Sonntag mit dem Auto durch die Gegend fahren und zu schauen, wo es vielleicht noch ganz schnuckelig ist. Wenn man den Horizont ein wenig erweitert, gibt es einfach mehr Möglichkeiten.

Dr. Klein: Das kann ich auch aus persönlicher Erfahrung so bestätigen. Auf unserem Blog haben wir zum Thema Grundstückssuche einen Artikel, der einige Tipps und Tricks beinhaltet.

Sandra Lieder: Ich kann auch empfehlen, überall anzumerken, dass ihr auf der Suche seid. Sei es beim Zahnarzt, beim Bäcker oder beim Friseur. Da solltet ihr keine Hemmungen haben. Manchmal weiß man nicht, wie der Zufall so spielt. Da lohnt es sich, seine Suche breit zu streuen und immer positiv zu bleiben, auch wenn es mal Rückschläge gibt. Steckt den Kopf nicht in den Sand ;-).

Dr. Klein: Wenn ich dann ein Grundstück gefunden habe und ich habe auch eine gute Summe an Eigenkapital auf dem Konto. Wäre es dann sinnvoll, dass ich das Grundstück von diesem Eigenkapital kaufe, sofern mein Kapital das hergibt?

Sandra Lieder: Ein ganz klares: Ja, unbedingt. Der Vorteil ist die Zeit. Eine Finanzierung kann bei manchen Banken ganz schnell gehen und die Zusage ist in kürzester Zeit da und man kann alles unter Dach und Fach bringen. Manchmal kann es aber auch länger dauern und es können Stunden sein, die ausschlaggebend sind. Also wenn ihr ein Grundstück gefunden und das Geld dafür habt, dann bitte macht das, denn dann kann kein Anderer mehr dazwischen rutschen und es ist sicher. Wenn man im Zweifel zu lange zögert kann ein Grundstück schnell weg sein. Außerdem: wenn das Eigenkapital da ist, warum sollte man dann eine Bank einbinden und Zinsen für das Geld zahlen.

Dr. Klein: Also schnell sein, das Grundstück sichern und dann würde man im Anschluss eine Finanzierung „nur“ für den Hausbau abschließen, richtig?

Sandra Lieder: Genau. Was in diesem Zusammenhang auch massiv unterschätzt wird, ist, dass wenn ihr mit einem Grundstück, das euch gehört, auf einen Bauträger zugeht, dann ist dieser viel gesprächsoffener. Viele Bauträger führen unzählige Gespräche, die Interessenten haben aber noch gar kein Grundstück. Da ist man mit einem bestehenden Grundstück natürlich in einer guten Verhandlungsposition.

Dr. Klein: Wenn ich in der glücklichen Position bin und ein Grundstück habe, es geschenkt bekomme oder erbe, hat das dann einen besonderen Wert bei meiner Finanzierung? Wird mein Grundstück als Eigenkapital angerechnet?

Sandra Lieder: Definitiv, ganz klar. Ein Grundstück, das da ist, stellt einen Wert dar. Die klassische Bewertung dafür ist der Bodenrichtwert. In der Regel liegt der realistische Wert deutlich darüber und damit rechnet die Bank auch. Hat das Grundstück beispielsweise einen Wert von 200.000 Euro, dann werden diese 200.000 Euro wie Eigenkapital angerechnet. Der Vorteil ist: je mehr Eigenkapital ihr einbringt, desto besser wird der Zins für die Finanzierung.

Dr. Klein: Macht es Sinn Grundstück und Haus getrennt voneinander zu finanzieren?

Sandra Lieder: Auf jeden Fall. Da gibt es verschiedene Varianten, wie man da ran gehen kann. Meist hat man noch keinen Bauträger, wenn man ein Grundstück gefunden hat und dann braucht man erst mal die Zeit, um sich mit der Bauplanung auseinanderzusetzen. „Was möchte ich bauen“ und „was darf ich bauen“ sind dabei die wesentlichen Fragen. Der Bebauungsplan beantwortet die Frage, was erlaubt ist.

Bei der Finanzierung löst man das Ganze dann mit einem Kredit nur für das Grundstück mit einer sogenannten variablen Finanzierung. Der Vorteil ist, dass wir uns nicht mit einem Kredit an eine Bank binden, sondern Schritt für Schritt vorgehen und für die langfristige, „große“ Finanzierung für das Haus in Ruhe eine Bank mit den besten Konditionen auswählen können. Beachten muss man aber immer, dass parallel zur Rate für das Grundstück, die dann schon bedient werden muss, Miete zu zahlen ist. Hier haben wir als Berater aber auch einen Blick darauf.

Dr. Klein: Gibt es beim Grundstückskauf klassische Stolperfallen?

Sandra Lieder: Ein Klassiker ist die Frage, die ihr vor dem Kauf beantworten solltet: ist das Grundstück überhaupt bebaubar? Es werden immer mal wieder Grundstücke angeboten, die kein Bauland sind. Hier kann der Blick in den Bebauungsplan oder eine Anfrage bei der Gemeinde helfen. Was weiterhin oft Thema ist, sind die Möglichkeiten der Bebaubarkeit. Was darf ich überhaupt bauen? Wenn das Traumhaus schon sehr konkret ist, sollte unbedingt vorab geklärt werden, ob dieses auf dem Grundstück gebaut werden darf. Lasst euch hier also trotz aller Konkurrenz nicht unter Druck setzen und prüft gründlich die Möglichkeiten des Grundstücks.

Neben den Fragen rund um die Bebaubarkeit solltet ihr auch kritisch prüfen, ob ihr euch den Bau des Hauses auf dem Grundstück leisten könnt. Wenn das gesamte Vermögen in dem Hausbau steckt, kann es schnell eng werden, wenn mal der Geschirrspüler kaputt geht oder ähnliches. Hier gucken wir Berater auch genau hin und helfen euch, einen finanziellen Rahmen abzustecken, der für euch leistbar ist und euch nicht in finanzielle Bedrängnis bringt.

Dr. Klein: Zum Abschluss die Frage, was ist die bereitstellungszinsfreie Zeit?

Sandra Lieder: Nehmen wir das Wort einmal auseinander. Zins, das sind die Kosten, Zeit, die Zeitkomponente und bereitstellungsfrei ist die Zeit, in der eben diese Kosten nicht anfallen. Die Bank stellt dann die Summe des Kredits bereit, weiß aber ja noch gar nicht, wann das Geld benötigt wird. Für eine gewisse Zeit dulden die Banken, dass das Geld bereitliegt und berechnen, da es noch gar nicht genutzt wurde, keine Zinsen. Das ist eine gewisse Zeit möglich. Danach fällt eine kleine Gebühr an. Die bereitstellungszinsfreie Zeit ist je nach Bank unterschiedlich und liegt meist zwischen 12- 18 Monaten.

Dr. Klein: Wie wird das Darlehen beim Neubau denn ausgezahlt?

Sandra Lieder: In der Regel wird nach Baufortschritt ausgezahlt. Meist schicken die Bauträger nach und nach Rechnungen und diese werden dann step by step ausgezahlt. Manche Bauträger stellen aber auch eine große Rechnung, wenn der Bau fertig ist, auch das kommt vor. So wie das Haus nach und nach gebaut wird, ist dann auch das Geld abrufbar.

Dr. Klein: Ab wann muss ich denn meine volle Rate zahlen?

Sandra Lieder: Die volle Rate, bestehend aus Zins und Tilgung, ist in der Regel komplett fällig, wenn der letzte Euro ausgezahlt ist. Bei manchen Banken kann man auch einen Stichtag festlegen.

Dr. Klein: Sandra, vielen Dank für das nette Gespräch.


Ihr habt ein Grundstück gefunden? Lasst euch jetzt beraten!


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