Gleicher Lohn für gleiche Arbeit – was eigentlich selbstverständlich sein sollte, sieht in der Realität anders aus: In Deutschland verdienen Frauen im Schnitt 21 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen. Und: In den letzten 15 Jahren hat sich diese Zahl quasi nicht bewegt. Zum Equal Pay Day fragen wir uns daher, warum das so ist und was sich gesellschaftlich und politisch ändern muss. Unsere Vorständin Kingyi gibt außerdem drei Tipps, was man selbst für eine gerechtere Bezahlung tun kann.
Pay Gap: ein Problem, viele Ursachen
Bereits seit 2008 weist der Equal Pay Day in Deutschland auf die ungleiche Bezahlung zwischen Männern und Frauen hin. Dennoch hat sich die Lohnlücke seit 2006 um gerade einmal zwei Prozent verringert. Wie kann das sein?
Tatsächlich gibt es für den Lohnunterschied eine ganze Reihe von Gründen. Zum einen werden Frauen nicht nur in den exakt gleichen Jobs schlechter bezahlt als Männer, sondern sie arbeiten häufig auch in Berufen, in denen das Gehaltsniveau allgemein niedriger liegt – etwa als Friseurin, in der Kinderbetreuung oder in der Alten- und Krankenpflege. Zudem sind sie häufiger in Teilzeit beschäftigt: Frauen arbeiten im Schnitt neun Stunden kürzer pro Woche als männliche Arbeitnehmer. Dafür sind sie laut einer Untersuchung der Hans-Böckler-Stiftung allerdings neun Stunden mehr mit Hausarbeit beschäftigt – unbezahlt, versteht sich.
Doch sogar wenn man die strukturellen Gründe außer Acht lässt, verdienen selbst Frauen, die den exakt gleichen Beruf ausüben, im Schnitt weniger als ihre männlichen Kollegen – und zwar ganze sieben Prozent (Jahr 2018; Quelle: Statistisches Bundesamt).
Gleich, gleicher, Island?
Deutschland steht im europäischen Vergleich eher schlecht da. 2017 betrug die Lohnlücke in der EU durchschnittlich 16,1 Prozent. Der deutsche Pay Gap von 21 Prozent wurde nur noch von Tschechien und Estland überboten. Vorreiter der Gleichstellung sind dagegen Italien und Luxemburg mit jeweils 5 Prozent Lohndifferenz.
Außerhalb der EU kämpft vor allem Island aktiv für die Gleichstellung. Der Inselstaat verabschiedete 2018 den „Equal Pay Act“: Das Gesetz verpflichtet Unternehmen zu beweisen, dass weibliche und männliche Beschäftigte den gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit erhalten. Bereits seit 11 Jahren führt Island zudem den Global Gender Gap Index des Weltwirtschaftsforums an – vor Norwegen, Finnland und Schweden. Island ist offensichtlich besonders gut darin, Frauen den Zugang zu Führungspositionen zu ebnen. 2013 wurde eine Frauen-Quote von mindestens 40 Prozent für die Vorstände großer Unternehmen eingeführt. 2018 wurde diese Quote mit 45,2 Prozent sogar übertroffen. Zum Vergleich: In Deutschland gab es zu der Zeit 22,5 Prozent weibliche Vorstände (Quelle: PwC, 2020).
Aktiv gegen die Ungleichheit: Was Frauen selbst tun können
Das Beispiel Island zeigt, dass viele Faktoren zusammenkommen müssen, damit die Ungleichheit aktiv bekämpft werden kann – ein gesellschaftliches Umdenken, Unterstützung durch die Politik und nicht zuletzt Frauen, die aktiv für ihre Rechte eintreten. Unsere Vorständin Kingyi Fuchs gehört zu den jüngsten weiblichen Vorständen in der deutschen Finanzbranche. Auch sie findet, dass sowohl die Politik als auch Unternehmen gefordert sind, für mehr Gerechtigkeit zu sorgen.
Aber: Bis es soweit ist, können und sollten Frauen die Initiative ergreifen und aktiv für ihre Rechte eintreten. Wir haben mit Kingyi darüber gesprochen, wie man ungerechten Gehaltsstrukturen entgegenwirkt und was jede Frau selbst tun kann. Im Video gibt sie zudem drei ganz konkrete Tipps für die Gehaltsverhandlung.
Was hilft dabei, ungerechten Gehaltsstrukturen vorzubeugen?
Kingyi Fuchs: „Entscheidend ist, dass sich jeder Mitarbeiter bewusst ist, wie sich das persönliche Gehalt zusammensetzt: Welche Gehaltsspanne gibt es für welche Rollen und wie findet die Einordnung innerhalb dieser statt? Das sorgt dafür, dass sich jeder und jede Einzelne besser einschätzen kann – und unterstützt damit Frauen, die bei Gehaltsverhandlungen nicht so selbstbewusst auftreten wie ihre männlichen Kollegen.“
Was würdest du einer Frau raten, die weiß, dass ihr Kollege in gleicher Position mehr verdient?
Kingyi Fuchs: „Erstmal sollte man sicherstellen, dass das Fremdbild auch dem Selbstbild entspricht. Leiste ich tatsächlich ebenso viel wie der betreffende Kollege? Hier kann ich nur raten, offen mit der Führungskraft zu sprechen und zu erfragen, was die entscheidenden Kriterien für die Gehaltseinordnung sind. Wann habe ich in den Augen der Führungskraft tatsächlich einen guten Job gemacht? Wenn ich das weiß, kann man in der Gehaltsverhandlung klar argumentieren: Diese Sachen waren Dir wichtig, ich habe sie erfüllt – also sollte ich auch das gleiche Gehalt bekommen wie der vergleichbare Kollege. Bei der Argumentation hilft es natürlich, wenn Zielvereinbarungen möglichst messbar und entsprechend überprüfbar definiert werden“
Müssen Frauen lernen, sich besser zu verkaufen?
Kingyi Fuchs: „Ja, auf jeden Fall. Meist sind Frauen sehr gut vorbereitet, wenn es in Gehaltsgespräche geht. Ich glaube aber, dass Frauen ihre Erfolge häufig zu kleinteilig verkaufen und versäumen, den großen Zusammenhang deutlich zu machen. Sie müssen den Mut haben, ihren Wert deutlich herauszustellen. Im Sinne von: Willst Du mich als Arbeitnehmer haben? Wenn ja, dann kann ich Dir folgendes bieten, aber dann muss ich auch Summe X verdienen. Frauen sollten aus meiner Sicht das Gehaltsgespräch nicht als singuläres Event betrachten, sondern vielmehr über das gesamte Jahr aufzeigen, was man für das Unternehmen leistet. Eine Gehaltsverhandlung ist immer.“
Was hältst du von dem Ansatz, über Quoten und politische Regulierung dem Thema zu begegnen?
Kingyi Fuchs: „Meine Überzeugung ist es, dass sich gerechte Bezahlung aus der Unternehmenskultur heraus ergeben muss. Machen wir uns nichts vor: Natürlich reden die KollegInnen untereinander – auch über das Gehalt. Mir ist es wichtig, dass die MitarbeiterInnen nachvollziehen können, wie sich das persönliche Gehalt zusammensetzt. Politische Regulierung kann natürlich für einen gewissen Druck sorgen, aber ich finde, es ist die Aufgabe der Unternehmensführung, für gerechte und transparente Gehälter zu sorgen und somit auch glaubwürdig zu agieren.“
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lässt lieber den Freund hausmachen / ist Bauernhofkind und echtes Nordlicht / hat in Osnabrück Geographie studiert / wollte eigentlich Zirkusakrobatin werden, arbeitet jetzt aber als PR-Managerin für Dr. Klein / findet Finanzthemen mittlerweile erschreckend interessant / mag starken Kaffee, schlechte Witze und Käsekuchen